Julia Menke

Open Space: mehr Raum für Ideen

Julia Menke
Julia Menke
veröffentlicht am 29.8.2019

Sind agile Arbeitsprozesse in Unter­nehmen realisierbar, deren Strukturen eher starr sind? Wie lassen sich inno­vative Methoden in Unternehmen integrieren, ohne dass es an der Um­setzung scheitert? Diese Fragen stellten auch wir uns und haben mit „Open Space Events“ eine Antwort gefunden.

Köln, August 2019: Der Begriff „Open Space“ ist für Unternehmen, die agile Arbeitsmethoden anwenden, kein neuer. Die Personaldienstleistungsbranche ist aber eher bekannt für gefestigte interne Strukturen, was sich in Linienorganisation, Fach-Silos, Top-down-Entscheidungen und klassischen Meeting-Regeln zeigt. Open-Space-Veranstaltungen sind neu für die Branche. Dieses Format wird zwar nicht alle starren Strukturen über den Haufen werfen. Aber es birgt viel Potenzial für die Verbesserung der unternehmensweiten Zusammenarbeit und bietet Raum, um agile Ideen einzubringen.

Björn Janßen, agiler Coach, seit 2013 bei Studitemps und bereits wiederholter Moderator der Open Space-Veranstaltung ‒ eine Einschätzung

Auch für uns waren Open-Space-Veranstaltungen neu. Unser Unternehmen lässt sich wohl als „teil-agil“ bezeichnen. In einigen Bereichen ist es uns bereits gelungen, agil zu arbeiten und feste Strukturen aufzubrechen, und in anderen noch nicht. Eine ständige Kommunikation innerhalb des Unternehmens und den verschiedenen Abteilungen ist dabei ein wesentlicher Aspekt und unabdingbar. Darum wollten wir „Open Space“ ausprobieren. Seit drei Jahren findet nun ein regelmäßiger „offener Raum” bei Studitemps statt. Wir versuchen mindestens zweimal im Jahr eine Open-Space-Veranstaltung zu organisieren, geplant sind jedoch vier innerhalb eines Jahres. Die Events gewinnen langsam an Eigendynamik, sodass wir sie nun auch an anderen Standorten veranstalten statt nur im Kölner Hauptsitz.

Der konkrete Ablauf

Die Veranstaltungen laufen immer nach dem gleichen Schema ab. Zu Beginn versammeln sich alle Teilnehmer, damit der Veranstalter und/oder Moderator alle Teilnehmer begrüßen kann. Diese Rolle habe ich selbst schon oft übernommen. Dabei skizziere ich oder eben ein anderer Moderator den Ablauf, die Ziele und die Ressourcen und beantworte erste Fragen. Im Anschluss eröffnet der Moderator den Raum. Jeder der Anwesenden hat die Möglichkeit nach vorne zu kommen und ein Thema anzusprechen, das ihm am Herzen liegt. Bei vergangenen Veranstaltungen gab es schon die Themen „Vertikale versus horizontale Entscheidungskompetenzen“, „Dezentralisierung“, „Feedback geben und nehmen“ oder „Wann ist ein Team ein Team?“. Alle Themen werden gesammelt und auf einem vorbereiteten Tableau mit Räumen und Zeiten sortiert. Weil Wünsche und vor allem verfügbare Zeiten dabei kollidieren können, gibt der Moderator den sogenannten „Session Hosts“ – denjenigen, die das Thema vorgeschlagen haben – die Gelegenheit, Sessions zu schieben.

Es beginnt, wenn die Zeit reif ist und vorbei ist vorbei, nicht vorbei ist nicht vorbei

Was dann folgt, sind die Sessions selbst. In den Gruppen organisieren sich die Teilnehmer selbstständig und diskutieren – von den „Session Hosts“ moderiert – über die jeweiligen Themen. Dabei gelten die wichtigsten Leitsätze der „Open Space Technology“: „Wer auch immer kommt, es sind die richtigen Leute.“ Das bedeutet, jeder Session-Teilnehmer ist wichtig und motiviert, da er sich das Thema selbst ausgesucht hat. Außerdem gilt: „Es beginnt, wenn die Zeit reif ist“ und „Vorbei ist vorbei, nicht vorbei ist nicht vorbei“. Und: „Was auch immer geschieht, es ist das Einzige, was geschehen konnte“. Was heißt: Kommt man in der Diskussion zu unerwarteten Ergebnissen und endet die Diskussion bei einem anderen Thema, ist das nie falsch, sondern exakt das, was es sein muss – kreativ, interessant, vielleicht sogar nützlich und hilfreich.

Übermäßig ausufernde Powerpoint-Präsentationen sind unerwünscht. Denn letztlich geht es darum, die Eintrittsbarriere zu den einzelnen Sessions niedrig zu halten, damit sich jeder angesprochen fühlt, lösungsorientiert und frei zu handeln. Am Ende der Veranstaltung stellen die „Session Hosts“ die Ergebnisse der Debatten vor.

Stolpersteine der Organisation

Mit dem Format selbst gibt es eigentlich wenige Schwierigkeiten, doch die damit verknüpfte Organisation, die eigenverantwortlich über Freiwillige läuft, kann Stolpersteine beinhalten. So zeigt unsere Erfahrung, dass Zeit- und Standortfindung sowie die Kostenfrage durchaus Konfliktpotenzial bergen. Die Geldmittel für Verpflegung und Verbrauchsmaterial stellte früher die Studitemps-Geschäftsführung, neuerdings die Abteilung „People and Culture“. Aber Anreise und Übernachtung müssen die Teilnehmer beziehungsweise deren Standorte selbst zahlen. Einige Standorte und Fachabteilungen gestatten den Mitarbeitern die Teilnahme jedoch entweder nicht oder suggerieren ihnen, dass eine Teilnahme zu diesem Zeitpunkt sehr ungünstig wäre. Mit der ersten Veranstaltung erhofften wir uns ganz konkret eine organisatorische Verbesserung in der Zusammenarbeit in Form von Best Practices. Darüber hinaus war es das Ziel, positive Energien zu erzeugen, die sich letztlich im ganzen Unternehmen festigen sollten.

Der Gedanke, eher Schaden anzurichten, denn einen Nutzen daraus zu ziehen, war da

Die Realität sah dann jedoch nicht ganz so rosig aus. Die Ergebnisse der Open-Space-Veranstaltung hatten im Alltag keine Priorität. Das führte dazu, dass für gewöhnlich keine Zeit vorhanden war, um daran zu arbeiten. Wenn sich Mitarbeiter über ihre normale Arbeitszeit hinaus diesen Themen widmeten, gerieten sie oft in den Konflikt mit ihren Linienmanagern, die sie ausbremsten. Dabei ging es zum Beispiel um das Thema „Home Office für jeden“, das aus einer Open-Space-Initiative hervorgegangen war und in verschiedenen Fachabteilungen mehr oder weniger enthusiastisch umgesetzt wurde. Und es gab Konflikte um Versuche, das Thema „selbst-organisierte und cross-funktionale Teams“ praktisch umzusetzen. Die Teilnehmer hatten das Gefühl, gegen einen unsichtbaren Zaun zu laufen. Es hatte sich noch kein Mechanismus entwickelt, mit dem die internen Schwierigkeiten zu händeln waren. Das führte letztlich zu Frustration, sodass das Interesse am Format „Open Space“ sank und der Sinn hinterfragt wurde. 

Aus den Erfahrungen lernen

Darum haben wir das Konstrukt überdacht und die Herangehensweise anders strukturiert. Erst durch die jüngsten Events nähern wir uns tatsächlich der „Open Space Technology“ an. So wurden die „Session Hosts“ dazu aufgefordert, Protokoll zu führen, um festzuhalten, worum es eigentlich geht. Außerdem – ein wichtiger Punkt – wurde die Geschäftsführung dazu angehalten, sich im „Closing“ mindestens einem Projekt anzunehmen und dabei als Sponsor zu fungieren. Die Person, die bei dem jeweiligen Projekt die Treiberrolle übernimmt, erhält die Möglichkeit, bei etwaigen Hindernissen auf die Geschäftsführung zuzugehen, um dann gemeinsam eine Lösung zu finden. Den unsichtbaren Zaun haben wir auf diese Art durchbrochen. Außerdem hatten wir das Oberthema vorher nicht eingegrenzt. Jetzt machen wir das, um im Voraus rudimentär eine Zielrichtung ausgeben zu können. Die Mitarbeiter können sich so entsprechend vorbereiten.

Die ersten beiden Mottos waren „Standards und Best Practices“ und „Menschen“. Ein Unterthema, dass dann zur Sprache kam, war zum Beispiel „Zehn Prozent besser mit Achtsamkeit und Meditation“. Insgesamt ziehen wir als Lehre aus unseren Erfahrungen, dass es sehr wichtig ist, von Anfang an zu wissen, was mit dem „Open Space“ erreicht werden soll. Das Unternehmen und alle Beteiligten müssen dazu bereit sein, Dinge aktiv bewegen zu wollen. Das heißt auch: Auf der einen Seite Kontrolle abgeben und auf der anderen Seite mehr Verantwortung übernehmen.

Ein Schritt zu mehr Agilität

„Open Space“ ist für Studitemps ein weiterer Schritt in Richtung agiles Unternehmen. Der nächste Schritt wird für uns sein, das Motto „Wie werden wir als Unternehmen agiler?” für einen „Open Space“ zu wählen. In einem etwas längeren Vorlauf von 30 Tage soll dann die gesamte Belegschaft hinsichtlich des Themas abgeholt werden. Der „Open Space“ soll im Anschluss starten und wie üblich auch über zwei bis drei Tage laufen. Am Ende sollte sich dann jeweils ein Sponsor den einzelnen Themen annehmen und diese vorantreiben. Nach 90 Tagen wäre ein weiterer „Open Space“ geplant, welcher Fortschritte oder bereits Ergebnisse thematisiert und bespricht, um ein weiteres Vorgehen festzulegen. 

Eine kleine Impression

Julia Menke
Über den/die Autor*in

Julia Menke

Meine Leidenschaft sind Bücher, deshalb studierte ich Literatur, Kultur und Medien mit dem Begleitfach Sprache und Kommunikation an der Uni Siegen. Nach meinem Volontariat im PR- und Marketingbereich und einigen Jahren in einer Agentur in Köln, bin ich ins Marketingteam zu jobvalley gekommen. Hier bin ich als Teamlead Content & PR tätig. Nebst dem Strategischen liebe ich es jedoch nach wie vor zu schreiben!

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