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Brückenteilzeit: Chancen und Pflichten

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veröffentlicht am 25.9.2025

Die moderne Arbeitswelt verlangt von Unternehmen zunehmend Flexibilität, nicht nur im Hinblick auf digitale Prozesse oder innovative Geschäftsmodelle, sondern vor allem in der Organisation von Arbeitszeit. In Deutschland haben sich die Gesetze zur Arbeitszeitflexibilisierung in den letzten Jahren weiterentwickelt, um den Anforderungen des Arbeitsmarktes und den demografischen Veränderungen gerecht zu werden. Die sogenannte Brückenteilzeit, die mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung des Teilzeitrechts im Jahr 2019 eingeführt wurde, ist ein zentrales Instrument zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Für Arbeitgeber*innen bringt sie neue Herausforderungen im Bereich der Personalplanung, bietet aber zugleich strategische Möglichkeiten, sich als moderne, mitarbeitendenorientierte Organisation zu positionieren. Wer Brückenteilzeit nicht nur als gesetzliche Pflicht, sondern als Möglichkeit und Chance zur Weiterentwicklung der eigenen Arbeitskultur versteht, kann daraus langfristig Wettbewerbsvorteile generieren.

Was ist Brückenteilzeit?

Die Brückenteilzeit ist eine besondere Form der zeitlich befristeten Teilzeitarbeit und stellt einen wichtigen Bestandteil des Teilzeitrechts in Deutschland dar. Sie erlaubt Arbeitnehmer*innen, ihre vertraglich vereinbarte Arbeitszeit für einen vorher festgelegten Zeitraum zu reduzieren, mit dem gesetzlich garantierten Rechtsanspruch auf Rückkehr zur ursprünglichen Arbeitszeit. Damit besteht ein Anspruch auf zeitlich begrenzte Arbeitszeitreduzierung, der im Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) geregelt ist. Diese gesetzlich verankerte Rückkehrmöglichkeit unterscheidet die Brückenteilzeit wesentlich von der klassischen, zeitlich nicht begrenzten Teilzeitarbeit, bei der eine einmalige Reduzierung oft zu einem dauerhaften Verbleib in diesem Arbeitszeitmodell führt. Für Teilzeitbeschäftigte besteht somit ein geringeres Risiko, dauerhaft benachteiligt zu werden. Die Brückenteilzeit ist für Arbeitnehmende sowie für Arbeitgeber*innen von großer Bedeutung, da sie die Flexibilität bei der Gestaltung der Arbeitszeiten und die Möglichkeit der Arbeitszeitreduzierung fördert.

Ziel des Gesetzgebers war es, einen Ausweg aus der sogenannten “Teilzeitfalle” zu schaffen, in der vor allem Frauen nach einer familiär bedingten Arbeitszeitreduktion langfristig verbleiben. Die Brückenteilzeit setzt hier einen klaren Rahmen: Mitarbeitende müssen nicht dauerhaft auf Einkommen, Karrieremöglichkeiten oder Verantwortung verzichten, wenn sie ihre Arbeitszeit temporär reduzieren möchten. Das Teilzeitrecht berücksichtigt dabei die individuellen Arbeitszeitpräferenzen und Arbeitszeitwünsche von Beschäftigten und ermöglicht es, die Arbeitszeiten flexibel an persönliche Lebensumstände anzupassen. Besonders für Eltern, die Beruf und Kinder miteinander vereinbaren möchten, bietet die Brückenteilzeit eine wichtige Option.

Gründe für Brückenteilzeit

Die Beweggründe für eine Brückenteilzeit sind so individuell wie die Lebensrealitäten der Mitarbeitenden selbst. Häufig steht die Familie im Mittelpunkt: Eltern wollen sich in einer bestimmten Lebensphase mehr Zeit für die Betreuung von Kindern nehmen, ohne langfristig berufliche Nachteile zu riskieren – allgemein spielt die Kindererziehung eine zentrale Rolle, da die Brückenteilzeit die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in Deutschland erleichtert.

Die Arbeitszeitwünsche von Beschäftigten ändern sich im Lebensverlauf, weshalb flexible Modelle wie die Brückenteilzeit immer wichtiger werden. Die Arbeitszeitreduzierung ist dabei ein zentrales Motiv, um persönliche und familiäre Verpflichtungen besser mit dem Berufsleben zu vereinbaren. Auch die Pflege von Angehörigen ist ein wachsender Grund, der angesichts der demografischen Entwicklung weiter an Bedeutung gewinnt. Darüber hinaus gibt es viele weitere Motive: gesundheitliche Gründe, psychosoziale Belastungen, das Streben nach mehr Selbstbestimmung, berufsbegleitende Weiterbildungen oder auch eine Phase der Neuorientierung.

Antrag auf Brückenteilzeit: Ablauf und Anforderungen

Für Arbeitnehmer*innen, die eine zeitlich begrenzte Verringerung der Arbeitszeit anstreben, ist der Antrag auf Brückenteilzeit nach § 9a TzBfG der entscheidende erste Schritt. Damit der Anspruch auf Brückenteilzeit wirksam geltend gemacht werden kann, müssen bestimmte Anspruchsvoraussetzungen und ein klar definiertes Verfahren eingehalten werden.

Zunächst sollten Beschäftigte prüfen, ob ihr Arbeitsverhältnis bereits länger als sechs Monate besteht und ob das Unternehmen regelmäßig mehr als 45 Beschäftigte hat. Nur wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, besteht ein gesetzlicher Anspruch auf die begrenzte Verringerung der Arbeitszeit.

Der Antrag auf Brückenteilzeit muss in Textform – zum Beispiel per E-Mail oder Brief – beim Arbeitgeber*bei der Arbeitgeberin eingereicht werden. Wichtig ist, dass der Antrag spätestens drei Monate vor dem gewünschten Beginn der Brückenteilzeit gestellt wird. Im Antrag sollten der ausdrückliche Wunsch nach Brückenteilzeit, der gewünschte Zeitraum (mindestens ein Jahr, höchstens fünf Jahre), die angestrebte wöchentliche oder monatliche Arbeitszeit sowie die bevorzugte Verteilung der Arbeitszeit (z. B. bestimmte Wochentage oder Uhrzeiten) klar benannt werden.

Nach Eingang des Antrags ist der*die Arbeitgeber*in verpflichtet, diesen sorgfältig zu prüfen und innerhalb eines Monats schriftlich zu antworten. Erfolgt keine Antwort bis spätestens einen Monat vor dem geplanten Beginn der Brückenteilzeit, gilt der Antrag automatisch als genehmigt. Darüber hinaus muss der*die Arbeitgeber*in das Gespräch mit dem*der Arbeitnehmer*in suchen, um gemeinsam eine einvernehmliche Vereinbarung über die Ausgestaltung der Brückenteilzeit zu treffen. Wird der Antrag abgelehnt, müssen die Gründe nachvollziehbar und ausführlich dargelegt werden, da der*die Arbeitgeber*in im Streitfall die Darlegungs- und Beweislast trägt.

Rechtliche Rahmenbedingungen und Anspruch auf Brückenteilzeit

Die Brückenteilzeit ist im Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG), konkret in §9a, geregelt. Sie stellt keinen Ermessensspielraum dar, sondern einen einklagbaren Anspruch, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Anspruchsberechtigt sind Arbeitnehmer*innen, deren Arbeitsverhältnis mindestens sechs Monate ununterbrochen besteht und deren Arbeitgeber*in in der Regel mehr als 45 Arbeitnehmer*innen beschäftigt.

Für Unternehmen mit 46 bis 200 Beschäftigten gilt eine Sonderregelung: Hier müssen Arbeitgeber*innen nur einem Antrag auf Brückenteilzeit pro 15 Mitarbeitenden gleichzeitig zustimmen. Diese sogenannte Zumutbarkeitsgrenze ermöglicht eine gewisse Steuerung des betrieblichen Ablaufs, erfordert aber zugleich eine gute Dokumentation, um im Zweifelsfall belegen zu können, warum ein Antrag abgelehnt wurde.

Ein Antrag auf Brückenteilzeit muss schriftlich und mindestens drei Monate vor dem gewünschten Beginn eingereicht werden. Der*die Arbeitnehmer*in muss darin auch die beabsichtigte Dauer benennen, die zwischen einem Jahr und fünf Jahren liegen darf. Eine Kürzung oder Verlängerung dieses Zeitraums ist nur im gegenseitigen Einvernehmen möglich.

Eine Ablehnung seitens des Unternehmens ist nur dann rechtlich zulässig, wenn nachvollziehbare, gewichtige betriebliche Gründe vorliegen. Das können beispielsweise erhebliche Beeinträchtigungen des Arbeitsablaufs, nicht ausgleichbare Personalengpässe oder unverhältnismäßig hohe Kosten sein. Dabei muss die Ablehnung schriftlich begründet werden, ansonsten gilt der Antrag als genehmigt.

Herausforderungen in der betrieblichen Praxis

Die Umsetzung von Brückenteilzeit ist für viele Arbeitgeber*innen mit organisatorischem Mehraufwand verbunden. Besonders in kleineren Betrieben kann die temporäre Reduktion der Arbeitszeit einzelner Mitarbeitenden zu erheblichen Planungs- und Koordinationsaufgaben führen. Arbeitsprozesse müssen angepasst, Vertretungen organisiert und ggf. befristete Arbeitsverhältnisse geschaffen werden. Auch Fragen der Entgeltabrechnung und des Urlaubsanspruchs müssen geklärt und angepasst werden.

Doch mit der Herausforderung kommt auch die Chance: Brückenteilzeit zwingt Unternehmen dazu, ihre Arbeitsorganisation zu überdenken und flexibler zu gestalten. Wer diese Prozesse nutzt, kann Strukturen schaffen, die insgesamt agiler und zukunftsorientierter sind. Insbesondere in einer Arbeitswelt, in der sich die Anforderungen an Work-Life-Balance, Familienfreundlichkeit und selbstbestimmtes Arbeiten verändern, können Unternehmen mit gut geregelter Brückenteilzeit punkten.

Ein zentraler Erfolgsfaktor ist die Kommunikation. Mitarbeitende sollten ermutigt werden, ihre Bedürfnisse frühzeitig zu artikulieren. Führungskräfte wiederum müssen darin geschult werden, konstruktiv und flexibel mit Anträgen umzugehen. Auch eine klare interne Regelung, wie Brückenteilzeit organisatorisch begleitet wird, kann dabei helfen, Unsicherheiten abzubauen.

Kleinbetriebe und Brückenteilzeit: Besondere Regelungen

Die gesetzlichen Regelungen zur Brückenteilzeit nach § 9a TzBfG gelten nicht für alle Unternehmen gleichermaßen. Insbesondere in Kleinbetrieben mit weniger als 45 Beschäftigten besteht kein gesetzlicher Anspruch auf eine zeitlich begrenzte Verringerung der Arbeitszeit. Arbeitnehmer*innen in solchen Betrieben können zwar individuelle Vereinbarungen mit dem*der Arbeitgeber*in treffen, haben jedoch keinen einklagbaren Anspruch auf Brückenteilzeit.

Für Unternehmen mit 46 bis 200 Beschäftigten greift eine besondere Zumutbarkeitsregelung: Pro angefangene 15 Beschäftigte darf nur einem Mitarbeitenden Brückenteilzeit gewährt werden. Das bedeutet beispielsweise, dass in einem Betrieb mit 60 Beschäftigten maximal fünf Anträge auf Brückenteilzeit gleichzeitig genehmigt werden müssen. Diese Regelung soll sicherstellen, dass der Arbeitsablauf und die Organisation im Betrieb nicht übermäßig belastet werden.

Lehnt der Arbeitgeber in diesen Unternehmen einen Antrag auf Brückenteilzeit ab, muss er die betrieblichen Gründe klar darlegen. Ein berechtigter Grund liegt insbesondere dann vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder wenn unverhältnismäßige Kosten entstehen würden. Die Ablehnung muss nachvollziehbar begründet werden, um den gesetzlichen Anforderungen zu genügen.

Diese besonderen Regelungen zeigen, dass der gesetzliche Anspruch auf eine begrenzte Verringerung der Arbeitszeit vor allem in größeren Unternehmen greift, während in kleineren Betrieben individuelle Lösungen und flexible Vereinbarungen im Vordergrund stehen. So bleibt die Balance zwischen den Interessen der Beschäftigten und den betrieblichen Notwendigkeiten gewahrt.

Die 10 wichtigsten Fragen zur Brückenteilzeit

  1. Wer hat Anspruch auf Brückenteilzeit? Alle Arbeitnehmer*innen mit mindestens sechs Monaten ununterbrochener Betriebszugehörigkeit, sofern das Unternehmen mehr als 45 Mitarbeitende hat.

  2. Wie lange kann Brückenteilzeit dauern? Der Zeitraum muss mindestens ein Jahr und darf maximal fünf Jahre betragen. Innerhalb dieser Zeit gilt die reduzierte Arbeitszeit verbindlich.

  3. Wie oft kann man Brückenteilzeit beantragen? Ein erneuter Antrag ist frühestens ein Jahr nach Ende der letzten Brückenteilzeit möglich. Es gibt keinen generellen Ausschluss für mehrfache Nutzung.

  4. Kann der*die Arbeitgeber*in den Antrag ablehnen? Ja, aber nur bei schwerwiegenden betrieblichen Gründen, z. B. gravierenden Störungen des Betriebsablaufs. Die Ablehnung muss schriftlich und begründet erfolgen.

  5. Wie muss der Antrag gestellt werden? Schriftlich, mindestens drei Monate vor dem gewünschten Beginn, unter Angabe der Dauer der Teilzeit.

  6. Gilt Brückenteilzeit auch für befristete Verträge? Ja, sofern das Arbeitsverhältnis mindestens sechs Monate besteht und die verbleibende Laufzeit des Vertrags die gewünschte Brückenteilzeit ermöglicht.

  7. Muss der*die Arbeitgeber*in den Arbeitsplatz für die Rückkehr freihalten? Nein, es besteht kein Anspruch auf denselben Arbeitsplatz. Allerdings muss derdie Arbeitnehmerin mit vergleichbaren Aufgaben und in gleicher Wochenstundenzahl wieder eingesetzt werden.

  8. Welche betrieblichen Gründe rechtfertigen eine Ablehnung? U. a. erhebliche Störungen im Betriebsablauf, unverhältnismäßige wirtschaftliche Belastung oder fehlende Vertretungsmöglichkeiten.

  9. Was passiert, wenn der Antrag nicht beantwortet wird? Schweigt der*die Arbeitgeber*in bis einen Monat vor dem gewünschten Beginn, gilt der Antrag als genehmigt. Es droht eine automatische Zustimmung.

  10. Wie wirkt sich Brückenteilzeit auf Rente und Urlaub aus? Die reduzierte Arbeitszeit führt zu geringeren Rentenbeiträgen und anteilig vermindertem Urlaubsanspruch. Beide Aspekte sollten frühzeitig kommuniziert werden.

Fazit: Flexibilität gestalten statt verwalten

Die Brückenteilzeit ist mehr als ein gesetzlicher Anspruch. Sie ist ein Ausdruck einer sich wandelnden Arbeitsgesellschaft, in der starre Vollzeitmodelle nicht mehr die einzige Norm darstellen. Arbeitgeber*innen, die in der Umsetzung nicht nur den juristischen Rahmen im Blick haben, sondern auch die Bedürfnisse und Lebensrealitäten ihrer Mitarbeitenden verstehen, können Brückenteilzeit strategisch nutzen. Dies bedeutet, aktiv auf Anträge zu reagieren, frühzeitig Kapazitäten zu planen, mit klaren internen Abläufen zu arbeiten und Führungskräfte als Multiplikator*innen zu befähigen. Brückenteilzeit muss kein Störfaktor sein, sondern kann ein Baustein für moderne, resiliente und mitarbeitendenzentrierte Arbeitskulturen werden.

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