Platz 1 im Bekanntheitsranking der aktuellen „Fachkraft 2020“-Erhebung – das hört sich erst einmal gut an. Doch die Freude über das Ergebnis wird durch die weitergehende Analyse getrübt. Keine andere Branche verzeichnet eine größere Differenz zwischen Bekanntheit und erwarteter Arbeitgeberattraktivität als der Einzelhandel. Doch warum erscheint dieser Studentinnen und Studenten als Arbeitsumfeld so wenig erstrebenswert?
Die Top-Platzierung der Einzelhandelsbranche ist keine Überraschung, sind ihre Unternehmen doch unverzichtbarer Teil unseres Alltags. 94 Prozent bedeuten einen Abstand von drei Prozentpunkten auf den zweitplatzierten Internet- und IT-Sektor (91 %) und ganze 72 Prozentpunkte Vorsprung auf den letztplatzierten Maschinen- und Anlagenbau (22 %). „Fachkraft 2020“ vergleicht in der aktuellen Erhebung insgesamt 12 ausgesuchte Branchen.
In der vorangegangenen Erhebung der “Fachkraft 2020”-Studienreihe im März 2015 wurden 24 Branchen auf ihre Beliebtheit untersucht. Dabei wurden auch die sieben attraktivsten Arbeitgeber jeder Branche identifiziert.
Dagegen enttäuscht der Blick auf die studentische Einschätzung der Arbeitgeberattraktivität. Nur 27 Prozent der Befragten, denen die Top-7-Konzerne bekannt sind, halten eine Karriere in der Einzelhandelssparte für erstrebenswert. Schlechter schneidet nur der Telekommunikationssektor (25 %) ab. Beide Bereiche können mit den Spitzenreitern Automobilindustrie (62 %) sowie Internet- und IT-Sparte (56 %) auf den Rängen 1 und 2 nicht mithalten.
Möglich wurde dieses Votum durch rund 25.000 Studierende, die im September 2015 an der 7. bundesweiten Erhebung zur Studienreihe „Fachkraft 2020“ teilgenommen haben. Die Befragungen werden seit 2012 zweimal pro Jahr in wissenschaftlicher Kooperation zwischen Studitemps und dem Department of Labour Economics der Maastricht University durchgeführt.
Kein Bekanntheitswert unter 84 Prozent – das gelingt keiner anderen Branche
Unter den Top-7 bildet Zara mit 84 Prozent das Schlusslicht auf dem letzten Rang. Nur knapp davor liegt die Rewe Group (86 %). Die 90%-Marke wird bereits auf dem fünften Platz überschritten und zwar von Peek & Cloppenburg (91 %). Aldi (süd / nord) ist 98 Prozent der Befragungsteilnehmerinnen und –teilnehmer bekannt, der Konzern DM Drogeriemarkt 99 Prozent. Das perfekte Ergebnis erzielen H&M sowie Ikea. Beide Unternehmen sind 100 Prozent der Studierenden deutscher Hochschulen ein Begriff – besser geht es nicht.
Enorme Diskrepanz zwischen Bekanntheit und Arbeitgeberattraktivität
Vergleichsweise schwache Ergebnisse fördert die Analyse der Arbeitgeberattraktivität zutage. Keines der Top-7-Unternehmen kann die derzeit Studierenden in besonderem Maße als potenzieller Dienstherr überzeugen. Das Maximum von 38 Prozent erzielt Peek & Cloppenburg, dicht gefolgt von Ikea (37 %). Die Rewe Group kommt auf 31 Prozent (Rang 3), vor DM Drogeriemarkt (24 %) und H&M (23 %). Die Plätze 6 und 7 belegen die Konzerne Aldi (süd / nord) (20 %) sowie Zara (18 %).
Maximal Durchschnitt – Studierende hinsichtlich Jobwahlkriterien skeptisch
In fünf von zehn der untersuchten Kategorien erwarten die zukünftigen Absolventen durchschnittliche Rahmenbedingungen bei einer etwaigen Karriere im Einzelhandel, die übrigen fünf Aspekte werden unterdurchschnittlich bewertet. Die Kriterien Aufstiegsmöglichkeiten (53 %) und Ausbildung / Weiterbildung (65 %) erreichen im Branchenvergleich sogar Tiefstwerte, das Kriterium Freizeit- / Sportangebote mit 44 Prozent den zweitniedrigsten Wert nach dem Logistiksektor.
Fazit von Studitemps: Der Einzelhandel hat beim akademischen Nachwuchs noch einige Barrieren abzubauen. Die zukünftigen Fachkräfte schätzen die Arbeit in den Top-7-Unternehmen der Branche eindeutig als wenig attraktiv ein. Hier ist Überzeugungsarbeit gefragt. Nebenjobs, Praktika oder Abschlussarbeiten im Unternehmen – nur einige der Möglichkeiten, den Fachkräften von morgen schon früh den Weg in die Konzerne der Branche zu ebnen, damit sie sich von den Bedingungen vor Ort selbst ein Bild machen können.