Einmalzahlungen wie Abfindungen, Jubiläumsprämien oder Nachzahlungen aus einer Bonusvereinbarung führen oft zu einer hohen Steuerlast. Um diese Belastung abzufedern, gibt es in Deutschland die sogenannte Fünftelregelung – eine besondere steuerliche Vergünstigung, die Einkommen aus außerordentlichen Einkünften gerechter verteilt und damit progressionsbedingte Steuermehrbelastungen reduziert.
Was ist die Fünftelregelung?
Die Fünftelregelung (§ 34 Einkommensteuergesetz, EStG) ist ein steuerliches Berechnungsverfahren, das dafür sorgt, dass außerordentliche Einkünfte nicht in voller Höhe im Jahr der Auszahlung versteuert werden müssen. Stattdessen wird die Steuer so berechnet, als würde die Zahlung auf fünf Jahre verteilt. Die Fünftelregelung betrifft die Besteuerung solcher außerordentlichen Einkünfte und sorgt dafür, dass der Steuersatz auf diese Einkünfte abgemildert wird.
Ziel ist es, den progressiven Steuertarif abzumildern, der bei einmalig hohen Einkommen zu überproportional steigenden Steuersätzen führt. Der Gesetzgeber hat diese Regelung geschaffen, um im Bereich der Einkommensteuer eine faire Behandlung von Einmalzahlungen sicherzustellen. Das Thema Fünftelregelung ist ein wichtiger Aspekt der Steuerplanung und Steuererklärung, da es im Bereich der außerordentlichen Einkünfte und Steuern eine zentrale Rolle spielt.
Wann kann die Fünftelregelung angewendet werden?
Die Fünftelregelung greift nur unter bestimmten Voraussetzungen. Sie gilt nicht automatisch, sondern nur, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:
Außerordentliche Einkünfte: Es muss sich um eine Zahlung handeln, die nicht regelmäßig erfolgt – also einmalig oder selten.
Zusammenballung von Einkünften: Die Zahlung muss dazu führen, dass das Einkommen in diesem Jahr höher ist als üblich.
Einmalige Auszahlung: Die Summe darf nicht auf mehrere Jahre verteilt gezahlt werden.
Nicht regulärer Arbeitslohn: Eine weitere Voraussetzung ist, dass es sich nicht um regulären Arbeitslohn oder Lohn handelt, sondern um eine Entschädigung für die Beendigung einer Tätigkeit oder um andere außerordentliche Einkünfte.
Wie funktioniert die steuerliche Berechnung?
Das Prinzip ist einfach, die Berechnung jedoch technisch komplex. Das Finanzamt ermittelt die Steuerlast nach folgender Logik:
Reguläres Jahreseinkommen wird als versteuerndes Einkommen versteuert.
Ein Fünftel der Abfindung wird zum versteuernden Einkommen addiert, und die Steuern auf diesen Betrag werden berechnet. Der Steuersatz, der sich aus dem erhöhten Einkommen ergibt, beeinflusst dabei maßgeblich die Höhe der Steuer.
Die Differenz zwischen der Steuer mit und ohne das Fünftel wird mit fünf multipliziert.
Dieses Ergebnis ist die tatsächliche Steuer auf die gesamte Einmalzahlung und stellt einen steuerlichen Ausgleich dar, da die Steuerlast auf das versteuernde Einkommen verteilt wird.
Dadurch fallen die Steuern auf die Abfindung durch die Anwendung der Fünftelregelung niedriger aus, als wenn der gesamte Betrag im Auszahlungsjahr voll versteuert würde. Die Fünftelregelung mildert so die Steuerprogression und sorgt für einen finanziellen Ausgleich bei außerordentlichen Einkünften.
Lohnsteuer-Abzugsverfahren bei der Fünftelregelung
Das Lohnsteuer-Abzugsverfahren spielt bei der Anwendung der Fünftelregelung auf Abfindungen und andere außerordentliche Einkünfte eine zentrale Rolle – sowohl für Arbeitnehmer*innen als auch für Arbeitgeber*innen. Durch das Inkrafttreten des Wachstumschancengesetzes hat sich die Praxis jedoch grundlegend geändert: Die Fünftelregelung wird im Rahmen des Lohnsteuer-Abzugsverfahrens nicht mehr automatisch durch den*die Arbeitgeber*in angewendet.
Stattdessen sind Arbeitgeber*innen verpflichtet, die Abfindung oder andere außerordentliche Einkünfte als „sonstigen Bezug“ in der Lohnsteuerbescheinigung auszuweisen. Die eigentliche Anwendung der Fünftelregelung erfolgt nun erst im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung durch das Finanzamt. Das bedeutet für Arbeitnehmer*innen: Um die Steuerersparnis durch die Fünftelregelung zu erhalten, ist zwingend eine Steuererklärung erforderlich.
Diese Änderung im Lohnsteuer-Abzugsverfahren hat direkte Auswirkungen auf die Steuerlast von Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber*innen. Arbeitnehmer*innen müssen aktiv werden, um die Vorteile der Fünftelregelung zu nutzen und eine mögliche Steuerersparnis auf Abfindungen oder andere außerordentliche Einkünfte zu sichern. Arbeitgeber*innen wiederum sollten darauf achten, die Zahlungen korrekt in der Lohnsteuerbescheinigung zu deklarieren, damit das Finanzamt die Voraussetzungen für die Anwendung der Fünftelregelung prüfen kann.
Wichtig: Die Fünftelregelung kann nur dann angewendet werden, wenn alle gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Arbeitnehmer*innen sollten sich daher frühzeitig informieren und im Zweifel steuerlichen Rat einholen, um sicherzustellen, dass die Abfindung oder andere außerordentliche Einkünfte optimal versteuert werden.
Insgesamt zeigt sich: Die Anwendung der Fünftelregelung im Lohnsteuer-Abzugsverfahren ist durch das Wachstumschancengesetz komplexer geworden. Wer eine Abfindung erhält oder andere außerordentliche Einkünfte versteuern muss, sollte die neuen Regeln kennen und die Steuererklärung als Chance zur Steuerersparnis nutzen. Nur so lässt sich die Steuerlast im Sinne des Gesetzgebers fair und vorteilhaft gestalten.
Antrag und Nachweis der Fünftelregelung
Die Fünftelregelung wird nicht automatisch angewendet. Arbeitnehmer*innen müssen sie in der Steuererklärung beantragen. Bis einschließlich 2024 konnten Arbeitgeber*innen die Fünftelregelung im Rahmen des Lohnsteuerabzugsverfahrens berücksichtigen, insbesondere bei Abfindungen, wenn alle Voraussetzungen erfüllt waren. Ab 2025 erfolgt die Anwendung und Prüfung der Fünftelregelung durch die Finanzämter im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer. Die Rolle des Arbeitgebers*der Arbeitgeberin besteht darin, die entsprechenden Bezüge korrekt auszuweisen.
Wichtig ist, dass die Zahlung im Lohnkonto und in der Lohnsteuerbescheinigung als „außerordentliche Bezüge“ ausgewiesen wird. Nur dann kann das Finanzamt die Regelung im Veranlagungsverfahren korrekt anwenden.
Fünftelregelung bei Abfindungen – Besonderheiten
Gerade bei Abfindungen nach Kündigungen oder Aufhebungsverträgen ist die Fünftelregelung besonders relevant. Abfindungen werden als Entschädigungen für den Verlust des Arbeitsplatzes gezahlt. Hier gilt:
Die Zahlung muss in einem Kalenderjahr erfolgen.
Eine Ratenzahlung oder Aufteilung auf zwei Jahre führt meist zum Verlust der Steuervergünstigung.
Wird die Abfindung in mehreren Teilen gezahlt, prüft das Finanzamt, ob dennoch eine „Zusammenballung der Einkünfte“ vorliegt.
Vorteile und Grenzen der Regelung
Vorteile:
Senkung der Steuerlast bei einmaligen Zahlungen
gerechtere Verteilung von Einkünften über mehrere Jahre
einfache Anwendung über die Steuererklärung
Grenzen:
keine Anwendung bei regelmäßig wiederkehrenden Zahlungen
keine Berücksichtigung bei Ratenzahlungen oder Teilauszahlungen
Die Fünftelregelung kann nicht in allem Fall angewendet werden, da es Ausnahmen gibt, zum Beispiel bei bestimmten Sozialversicherungsbeiträgen oder bei freiwillig Krankenversicherten.
Bei Verträgen nach altem Recht können andere Regelungen gelten.
Fünftelregelung und Sozialabgaben
Ein häufiger Irrtum: Die Fünftelregelung betrifft nur die Einkommensteuer, nicht die Sozialversicherung. Das bedeutet: Auf die Einmalzahlung werden weiterhin Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung fällig, soweit sie beitragspflichtig ist.
Fünftelregelung bei Zeitarbeit und Personalwechsel
Auch in der Zeitarbeit oder bei wechselnden Arbeitgeber*innen kann die Fünftelregelung angewendet werden, beispielsweise bei:
Abfindungen bei Vertragsende
Bonuszahlungen für langjährige Mitarbeit oder Tätigkeit
Nachzahlungen aus zurückliegenden Beschäftigungszeiträumen
Unternehmen zahlen im Zuge von Personalwechseln oder bei Beendigung einer Tätigkeit häufig Abfindungen an ihre Mitarbeiter*innen.
Wichtig ist hier die saubere steuerliche Dokumentation, damit das Finanzamt die Zahlung eindeutig als außerordentliche Einkünfte anerkennt. Seriöse Personaldienstleister*innen beraten ihre Mitarbeiter*innen in solchen Fällen oft in Kooperation mit Steuerexpert*innen.
Häufige Fehler bei der Anwendung
Abfindung wird auf zwei Jahre verteilt → Steuervergünstigung entfällt
Arbeitgeber*in trägt Zahlung nicht korrekt in der Lohnsteuerbescheinigung ein
Bonuszahlungen werden fälschlich als „außerordentlich“ deklariert
Steuerberater*in beantragt die Regelung nicht in der Einkommensteuererklärung

