Natürlich kann die personelle Realität am Ende ganz anders aussehen. Aber geht man an die Sache rein statistisch ran, sind Hidden Champions als Arbeitgeber vor allem für Männer, Masterabsolventen und Studenten mit Migrationshintergrund interessant. Das sagen immerhin gut 32.000 Studenten, die wir im Rahmen der Studienreihe „Fachkraft 2030“ bundesweit zu dem Thema befragt haben. Ein spannender Befund, mit dem sich in Zeiten heiß begehrter Nachwuchskräfte doch eigentlich ganz gut arbeiten lässt. War sonst noch was? Richtig, Informatikstudenten stünden auch reichlich parat.
Köln/Maastricht, November 2018: Während Konzerne beim Werben um den akademischen Nachwuchs auf hohe Bekanntheitswerte bauen können, haben Hidden Champions hier erwartungsgemäß ein Defizit. Das Ausmaß dieser Unterschiede geht aus einer aktuellen Analyse der Studienreihe „Fachkraft 2030“ hervor, die sich der Thematik zugleich personalstrategisch annimmt. Wie also vorgehen, wie sich attraktiv machen, wenn man als Unternehmen nicht auf jeder Reklamewand leuchtet? Beziehungsweise: Wie rankommen an beruflich ambitionierte Hochschulabsolventen von morgen? Was die vorliegenden Zahlen betrifft, lauten die zentralen Attribute der akademischen Zielgruppe für Hidden Champions: Männlich, Master und vor allem Migrationshintergrund. Zunächst stark verkürzt, sicherlich, aber dafür folgen jetzt ja die Details.
Bekanntheitsgrad: Hidden Champions in der Tat „hidden“
Während Konzerne unter Studierenden Bekanntheitswerte von bis zu 100 Prozent vorweisen können (beispielsweise H&M, BMW oder IKEA), ist die Situation bei Hidden Champions vollkommen anders. Namentlich bekannt sind diese im Durchschnitt lediglich 7,6 Prozent der Studierenden, wobei in Einzelfällen große Abweichungen festgestellt wurden.
So ergab sich für die über 80 Hidden Champions, die für die Analyse bundesweit verglichen wurden, ein Spitzen-Bekanntheitswert von 57,1 Prozent, gemessen für das Audiotechnik-Unternehmen Sennheiser. Es folgt das Technologieunternehmen EOS mit 31,9 Prozent. Danach wird es rapide dünner, wie die folgende Darstellung zu allen analysierten Hidden Champions zeigt.
Darstellung: Bekanntheit ausgesuchter Hidden Champions (SS 2017 und WS 2017/18)
Großes Interesse an Hidden Champions im IT-Bereich
Es zeigt sich: Wer einen Hidden Champion kennt, findet ihn häufig auch in beruflicher Hinsicht interessant. So liegt die grundsätzliche Bereitschaft zu einem beruflichen Engagement in insgesamt sechs Fachbereichen bei über 50 Prozent der Befragten. Spitzenreiter ist mit knapp 67 Prozent der Fachbereich Informatik, gefolgt von Wirtschafts- (60,7 %) und Ingenieurwissenschaften (59,2 %).
„Dass das berufliche Interesse an Hidden Champions im Informatikbereich sogar noch etwas über dem Interesse der Wirtschaftswissenschaftler liegt, hat uns schon überrascht“, sieht Bastian Germerodt, Verantwortlicher der Abteilung zur Vermittlung von Absolventen bei Studitemps, gerade im personell umkämpften IT-Bereich Entwicklungspotenzial für Hidden Champions.
Hingegen sieht es mau aus bei Sportwissenschaftlern, Erziehungswissenschaftlern und Studenten mit Schwerpunkt Kunst und Musik. Ein Befund, der für das Gros der (häufig technologie-orientierten) Hidden Champions verkraftbar sein dürfte.
Darstellung: Berufliche Attraktivität von Hidden Champions mit Blick auf den Fachbereich
Master vor Bachelor vor Promotion
Der Blick auf die Attraktivitätsunterschiede nach dem höchsten angestrebten Abschluss offenbart folgendes Bild: Am häufigsten sehen Studierende mit Ziel Master eine berufliche Perspektive bei einem Hidden Champion als interessant an (54,1 %). In einigem Abstand folgen die Abschlüsse Bachelor (50,0 %) und Promotion (46,8 %). Dass das Staatsexamen mit 40,4 Prozent den letzten Platz belegt, ist hingegen erwartbar, da es hier primär um berufliche Ziele im Staatsdienst geht. Die Auslaufmodelle Magister und Diplom wurden nicht berücksichtigt.
Das Spannende ist natürlich die hohe Attraktivität bei angehenden Masterabsolventen. Denn: Anders als beim Bachelor, wo nach ein, zwei Jahren beruflicher Erfahrung dann doch noch einmal die Uni verlockend sein kann, ist man mit dem Master vielfach am Ziel angekommen. Kurzum: potenzielle Mitarbeiter, die – ganz ohne hochschulischen Hintergedanken – einfach nur bleiben, sich im Unternehmen entwickeln und gutes Geld verdienen wollen. Perspektive bieten, heißt hier die Devise.
Und beim Geschlecht? Männliche Studierende können sich häufiger vorstellen, später für einen Hidden Champion zu arbeiten (56,3 %). Dem gegenüber stehen 47,7 Prozent auf weiblicher Seite. Dies hat natürlich auch damit zu tun, dass der Zuspruch in tendenziell „männlichen“ Fachbereichen wie Informatik oder Ingenieurwissenschaften überdurchschnittlich hoch ausfällt.
Großes Interesse bei Migrationshintergrund
Die deutlichsten Unterschiede ergeben sich hingegen beim Blick auf den Migrationshintergrund. Während sich lediglich 45 Prozent der Studierenden ohne Migrationshintergrund eine Tätigkeit für einen Hidden Champion vorstellen können, sind es unter Hochschülerinnen und Hochschülern mit Migrationshintergrund deutlich mehr – gut 57 Prozent.
Dieses Stimmungsbild dürfte vor dem Hintergrund der zuletzt intensiv geführten Debatte um Zuwanderung und Integration noch einmal relevant werden, sollte sich der Fokus von einer stark soziokulturellen Betrachtungsweise hin zu einer eher wirtschaftlich orientierten verlagern. Stichwort: Zuwanderungsgesetz. Wir haben vor, das Ganze im Rahmen unserer Forschung im Blick zu behalten.
Studitemps-Fazit
Auch wenn die Bekanntheitsgrade vieler Hidden Champions noch deutlich Luft nach oben hätten, sieht es personell doch gar nicht so schlecht aus. Eigentlich sogar ziemlich gut – zumindest in der Theorie. Halten wir die gesammelten Ergebnisse zum Abschluss also in Form einer Absolventen-Typologie fest, die für Hidden Champions die meisten Potenziale beinhaltet.
Geschlecht: Tendenziell männlich.
Abschluss: Vor allem Studierende mit höchstem Abschlussziel Master.
Fachrichtung: Angehende Absolventinnen und Absolventen der Fachbereiche Informatik und Wirtschaftswissenschaften zeigen sich interessiert.
Migrationshintergrund: Sehr hoch ist die Bereitschaft unter Befragten mit einem Migrationshintergrund.
Ob und inwieweit sich solche Befunde programmatisch umsetzen lassen, wäre zusammen mit den Unternehmen zu erörtern. Sehr hilfreich kann dabei aus Sicht der Personaler sein, dass man immerhin schon mal weiß, wen man suchen muss. Keine schlechte Voraussetzung!