Definition und Erscheinungsformen von Mobbing am Arbeitsplatz
Mobbing beschreibt gezielte und wiederholte Angriffe auf die Würde, Integrität oder das Ansehen einer Person, wobei auch Belästigung als eine Form solcher Angriffe gilt. Diese Angriffe können vielfältig sein: Von subtilen Ausgrenzungen über permanente Kritik bis hin zu offenen Beschimpfungen oder der gezielten Verweigerung von Informationen. Typisches Mobbingverhalten zeigt sich durch systematische Ausgrenzung, Rivalitäten und wiederkehrende Handlungen der Mobber*innen, die gezielt darauf abzielen, das Opfer zu schwächen. Mobbing ist nicht auf eine bestimmte Hierarchieebene beschränkt. Es kann horizontal (unter Kolleg*innen), vertikal von oben nach unten („Bossing“) oder von unten nach oben („Staffing“) auftreten.
Die Erscheinungsformen lassen sich in fünf Hauptkategorien unterteilen: soziales Mobbing, psychisches Mobbing, arbeitsbezogenes Mobbing, digitales Mobbing und Diskriminierung. Während beim sozialen Mobbing das Ausschließen aus Gruppen oder Meetings typisch ist, äußert sich psychisches Mobbing in Demütigungen, Gerüchten, Verleumdung oder ständiger Herabwürdigung. Arbeitsbezogenes Mobbing ist besonders perfide, da es die berufliche Leistungsfähigkeit direkt angreift – etwa durch die absichtliche Zuweisung unsinniger Aufgaben oder das Vorenthalten von Informationen. Mit dem digitalen Wandel ist Cybermobbing hinzugekommen, das über interne Kommunikationskanäle oder soziale Netzwerke erfolgt und die Betroffenen auch nach Feierabend belastet.
Ursachen und Motive für Mobbing
Die Ursachen für Mobbing sind komplex und oft im Zusammenspiel verschiedener Faktoren zu finden. Ein zentraler Auslöser ist ein ungünstiges Arbeitsklima. Eine dauerhaft negative Stimmung im Team kann das Risiko für Mobbing deutlich erhöhen, da sie das Vertrauen und die Zusammenarbeit unter den Mitarbeitenden beeinträchtigt. In Organisationen mit wenig Transparenz, starkem Konkurrenzdenken oder autoritärem Führungsstil steigt das Risiko. Auch Veränderungen im Unternehmen – etwa Umstrukturierungen, Stellenabbau oder neue Führungskräfte – können Spannungen fördern, die in Mobbing münden. Neid, Missgunst und Unsicherheit spielen ebenfalls eine Rolle: Besonders leistungsstarke oder auffällige Mitarbeitende werden nicht selten zum Ziel. Ebenso sind neu eingestellte Personen, die noch keine Netzwerke aufgebaut haben, besonders gefährdet. Häufig bildet sich ein Kreis von Kolleg*innen um eine zentrale Figur, wodurch einzelne Personen gezielt ausgegrenzt werden können. In vielen Fällen entsteht Mobbing auch aus einer Führungsschwäche heraus: Wenn Vorgesetzte Konflikte ignorieren, bagatellisieren oder selbst aktiv daran beteiligt sind, eskaliert die Situation, was den typischen Verlauf von Mobbingprozessen begünstigen kann.
Phasen von Mobbing am Arbeitsplatz
Mobbing am Arbeitsplatz verläuft häufig in mehreren, klar erkennbaren Phasen, die sich schleichend entwickeln und für das Opfer immer belastender werden. Am Anfang steht oft ein ungelöster Konflikt, der zunächst harmlos erscheinen mag. Doch wenn dieser Konflikt nicht gelöst wird, kann er sich zu systematischen Anfeindungen und Schikanen ausweiten. In dieser ersten Phase spürt der*die betroffene Mitarbeiter*in meist eine Veränderung im Verhalten der Kolleg*innen oder Vorgesetzten, ohne dass bereits von offenem Mobbing gesprochen werden kann.
In der zweiten Phase beginnt die gezielte Kontakt- und Informationsverweigerung. Das Opfer wird zunehmend isoliert, erhält wichtige Informationen nicht mehr oder wird aus Gesprächen und Meetings ausgeschlossen. Diese Ausgrenzung verstärkt das Gefühl der Hilflosigkeit und führt dazu, dass der*die betroffene Arbeitnehmer*in immer mehr den Anschluss an das Team verliert.
Die dritte Phase ist geprägt von einer Eskalation der Aggressionen. Hier kommt es zu offenen Angriffen, Demütigungen und gezielten Herabwürdigungen. Das Opfer von Mobbing wird öffentlich kritisiert, lächerlich gemacht oder mit unfairen Bewertungen konfrontiert. Die Belastung für die betroffene Person steigt in dieser Phase enorm, was sich oft auch auf die Gesundheit und Leistungsfähigkeit auswirkt.
In der letzten Phase kann das Mobbing so weit gehen, dass das Opfer aus dem Arbeitsumfeld ausgeschlossen wird. Dies kann in einer Versetzung, einer Eigenkündigung oder sogar in der Beendigung des Arbeitsverhältnisses münden. Für viele Betroffene ist dies der letzte Ausweg, um sich dem Mobbing am Arbeitsplatz zu entziehen. Die Folgen sind oft gravierend und reichen von gesundheitlichen Problemen bis hin zu langfristigen Beeinträchtigungen der beruflichen Laufbahn.
Folgen von Mobbing am Arbeitsplatz
Die Folgen von Mobbing sind gravierend und betreffen nicht nur die unmittelbar Betroffenen. Für Opfer können psychische Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen oder Burnout die Folge sein, wobei die Perspektive des Opfers besonders die emotionale Belastung und Hilflosigkeit hervorhebt. Mobbingopfer erleiden häufig erhebliche gesundheitliche und berufliche Schäden, die sich sowohl auf ihre Lebensqualität als auch auf ihre Karriere auswirken. Viele Menschen, die Mobbing am Arbeitsplatz erleben, leiden unter einer starken Beeinträchtigung ihrer psychischen Gesundheit. Dazu kommen körperliche Symptome wie Schlafstörungen, Magenprobleme oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Der Leidensdruck führt häufig zu längeren Krankheitsausfällen oder gar zur vollständigen Arbeitsunfähigkeit, was sich negativ auf den Job und die Arbeitsfähigkeit der Betroffenen auswirkt. Krankschreibungen oder Kündigungen wegen Mobbing sind keine Seltenheit und dienen oft als kurzfristige Maßnahme, um Abstand zu gewinnen. Auch das soziale Umfeld der Betroffenen leidet, da Stress und Belastung oft in das private Leben hineinwirken.
Für Teams bedeutet Mobbing ein vergiftetes Klima, das Vertrauen zerstört, Misstrauen fördert und die Zusammenarbeit erschwert. Mobbing beeinflusst den Arbeitsalltag und die Teamdynamik negativ, indem es die Stimmung belastet und den normalen Ablauf stört. Nicht selten kommt es zu einer Spaltung innerhalb des Teams, bei der sich Einzelne auf die Seite des Täters oder der Täterin stellen. Unternehmen tragen nicht nur Verantwortung für ihre Mitarbeitenden, sondern sind auch wirtschaftlich betroffen: Mobbing führt zu sinkender Produktivität, erhöhter Fluktuation, mehr Krankheitsausfällen und langfristigen Imageschäden. Studien zeigen, dass die durch Mobbing verursachten Kosten enorm sind – sowohl in Bezug auf Fehlzeiten als auch auf den Verlust von Know-how und Motivation.
Rechtlicher Rahmen und Pflichten von Unternehmen
Auch wenn es in Deutschland kein eigenständiges Mobbing-Gesetz gibt, sind Unternehmen rechtlich verpflichtet, ihre Mitarbeitenden zu schützen und die Einhaltung aller relevanten Gesetze sicherzustellen. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers*der Arbeitgeberin bilden die rechtlichen Grundlagen, wobei der*die Arbeitgeber*in für den Schutz aller im Betrieb beschäftigten Personen verantwortlich ist. Gerichte haben wiederholt entschieden, dass Arbeitgeber*innen bei Mobbing eingreifen müssen, um den Schutz der Beschäftigten zu gewährleisten. Unterlassen sie dies, drohen Schadensersatzforderungen, Schmerzensgeldansprüche und Imageschäden. Arbeitgeber*innen haben die Pflicht, Strukturen zu schaffen, die Mobbing verhindern, und Betroffene aktiv zu unterstützen, insbesondere im Hinblick auf ihre Verantwortung gegenüber allen Beschäftigten. Dazu zählen verbindliche Leitlinien, interne Beschwerdestellen und klare Abläufe im Umgang mit Mobbing-Vorwürfen.
Der Betrieb spielt eine zentrale Rolle bei der Prävention und Handhabung von Mobbing, indem er betriebsinterne Strukturen und Vereinbarungen schafft, die den Schutz der Beschäftigten sicherstellen. Betriebsvereinbarungen und betriebliche Regelungen sind wichtige Instrumente, um klare Prozesse im Betrieb zu etablieren. In Betrieben kommt den Betriebsräten eine besondere Bedeutung zu, da sie die Rechte der Beschäftigten wahren und Maßnahmen gegen Mobbing ergreifen, um eine faire und sichere Arbeitsumgebung zu gewährleisten. Die Rechte des Arbeitnehmers*der Arbeitnehmerin im Kontext von Mobbing und Arbeitsschutz sind gesetzlich geschützt und müssen von Arbeitgeber*innen und den betrieblichen Gremien beachtet werden.
Gemäß Hinweisgeberschutzgesetz (§ 2 Abs. 1 Nr. 8 HinSchG) können auch schwerwiegende Verstöße gegen arbeitsrechtliche Vorschriften wie systematisches Mobbing anonym über interne Meldestellen gemeldet werden. Unternehmen ab 50 Mitarbeitenden müssen sichere Meldekanäle einrichten und auf Hinweisgeber angemessen reagieren.
Handlungsfelder für Unternehmen
Die Prävention von Mobbing erfordert ein umfassendes Vorgehen. Unternehmen können aktiv etwas dagegen tun, indem sie gezielte Maßnahmen zur Sensibilisierung und Intervention umsetzen, um Mobbing am Arbeitsplatz zu verhindern und zu bekämpfen. Eine zentrale Rolle spielt die Unternehmenskultur: Eine offene, respektvolle Kommunikation und eine klare Wertebasis wirken präventiv. Führungskräfte sollten geschult werden, um Konflikte frühzeitig zu erkennen, lösungsorientiert zu handeln und eine Kultur des gegenseitigen Respekts zu fördern. Unternehmen müssen außerdem funktionierende Meldesysteme etablieren, die es Mitarbeiter*innen ermöglichen, Vorfälle vertraulich zu melden und Unterstützung zu erhalten, insbesondere wenn ein*e einzelne* Mitarbeiter*in betroffen ist. Unterstützungsangebote wie Beratungsstellen, Betriebsärzt*innen oder externe Coaches bieten Mitarbeitenden und insbesondere Mitarbeiterinnen, die häufig von verbalen oder sozialen Angriffen betroffen sind, wichtige Hilfe. Besonders wichtig ist dabei die Unterstützung durch professionelle Berater*innen, die Betroffene sowohl psychologisch als auch rechtlich beraten und bei der Vermittlung zu spezialisierten Anlaufstellen helfen. Ebenso entscheidend sind klare Konsequenzen für Täter*innen: Von Abmahnungen über Versetzungen bis hin zu Kündigungen müssen Unternehmen glaubwürdig zeigen, dass Mobbing nicht geduldet wird.
Mobbing im digitalen Zeitalter – Cybermobbing
Mit der Digitalisierung hat Mobbing eine neue Dimension erreicht. Cybermobbing findet über E-Mails, Messenger-Dienste, soziale Medien oder interne Plattformen statt. Es kann durch abwertende Kommentare, die Verbreitung von Gerüchten oder das Bloßstellen in öffentlichen Kanälen erfolgen. Besonders belastend ist, dass Betroffene kaum Rückzugsmöglichkeiten haben: Die Angriffe können sie rund um die Uhr erreichen, auch außerhalb der Arbeitszeit. Unternehmen müssen daher Regeln für digitale Kommunikation entwickeln und durchsetzen. Eine „Netiquette“ mit verbindlichen Leitlinien, Sensibilisierungstrainings und technische Schutzmaßnahmen können helfen, Cybermobbing einzudämmen. Für Betroffene von Cybermobbing am Arbeitsplatz bietet die MobbingLine ein anonymes, telefonisches Beratungsangebot, das von qualifizierten, ehrenamtlichen Beratern betreut wird und Unterstützung bei der Dokumentation sowie den nächsten Schritten leistet. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch zu erwähnen, dass Interne Messenger, Chats oder Tools wie MS Teams / Slack können DSGVO-relevante Inhalte enthalten. Bei Verdacht auf Cybermobbing sind Arbeitgeber*innen verpflichtet, den Datenschutz (Art. 5, 6, 88 DSGVO, § 26 BDSG) zu wahren. Eine Auswertung von Kommunikationsinhalten muss auf Basis einer Interessenabwägung erfolgen und bedarf in vielen Fällen der Einbindung des Datenschutzbeauftragten.
Allgemein gilt: Nulltoleranz ist die wirksamste Prävention.
Unterstützung für Betroffene
Wer von Mobbing am Arbeitsplatz betroffen ist, sollte nicht zögern, sich Unterstützung zu suchen. Ein erster wichtiger Schritt ist der Gang zum Betriebsrat oder zur Personalabteilung. Hier finden Betroffene kompetente Ansprechpartner*innen, die bei der Klärung der Situation helfen und weitere Maßnahmen einleiten können. Auch externe Beratungsstellen und Hotlines bieten professionelle Hilfe und Beratung für Opfer von Mobbing an. Sie unterstützen dabei, die eigenen Rechte zu kennen und durchzusetzen.
Ein bewährtes Mittel zur Dokumentation von Mobbinghandlungen ist das Führen eines Mobbing-Tagebuchs. In diesem Tagebuch sollten alle Vorfälle, Gespräche und Handlungen möglichst genau festgehalten werden. Diese Aufzeichnungen sind nicht nur für die eigene Übersicht hilfreich, sondern können im Ernstfall auch als Beweismittel im arbeitsrechtlichen Verfahren dienen.
Darüber hinaus kann es sinnvoll sein, sich rechtlichen Beistand zu suchen. Ein*e Fachanwalt*Fachanwältin für Arbeitsrecht kennt die Rechte von Arbeitnehmer*innen und kann Betroffene gezielt beraten und vertreten. Auch psychologische Unterstützung oder der Austausch mit Selbsthilfegruppen kann helfen, die Belastung zu verarbeiten und neue Kraft zu schöpfen.
Wichtig ist: Niemand muss Mobbing am Arbeitsplatz alleine durchstehen. Es gibt zahlreiche Anlaufstellen und Möglichkeiten der Unterstützung, um sich gegen Mobbing zu wehren und die eigene Gesundheit sowie das Arbeitsverhältnis zu schützen.
Die 10 häufigsten Fragen zum Thema Mobbing am Arbeitsplatz
1. Woran erkenne ich, dass es sich um Mobbing handelt?
Wenn feindselige Handlungen systematisch, wiederholt und über einen längeren Zeitraum gegen eine Person gerichtet sind.
2. Was ist der Unterschied zwischen einem Konflikt und Mobbing?
Ein Konflikt ist meist situativ und lösbar. Mobbing ist langfristig, zielgerichtet und mit einer klaren Schädigungsabsicht verbunden.
3. Wer ist verantwortlich, Mobbing zu stoppen?
Der*die Arbeitgeber*in trägt die Fürsorgepflicht, Führungskräfte haben eine besondere Verantwortung, Konflikte ernst zu nehmen und zu handeln.
4. Welche rechtlichen Schritte können Betroffene einleiten?
Sie können sich an den Betriebsrat, die Personalabteilung oder externe Beratungsstellen wenden. Im Ernstfall sind auch Klagen vor dem Arbeitsgericht möglich.
5. Welche Rolle spielt der Betriebsrat?
Er hat Mitbestimmungsrechte beim Gesundheitsschutz und kann aktiv Präventionsmaßnahmen mitgestalten und Betroffene unterstützen.
6. Welche Beweise sind bei Mobbing wichtig?
Ein detailliertes Mobbing-Tagebuch, gespeicherte Nachrichten, E-Mails oder Zeugenaussagen können entscheidend sein.
7. Welche Unterstützungsmöglichkeiten gibt es für Betroffene?
Neben betriebsinternen Angeboten helfen externe Beratungsstellen, Psycholog*innen, Gewerkschaften und Selbsthilfegruppen.
8. Welche arbeitsrechtlichen Konsequenzen drohen Mobber*innen?
Abmahnung, Versetzung oder in schweren Fällen die fristlose Kündigung.
9. Welche Rolle spielt Unternehmenskultur bei Mobbing?
Eine Kultur der Offenheit, Wertschätzung und Transparenz beugt Mobbing vor. Fehlende Werte und schwache Führung fördern es.
10. Wie können Unternehmen Cybermobbing verhindern?
Durch klare Regeln für digitale Kommunikation, Aufklärung, technische Schutzmaßnahmen und eine konsequente Nulltoleranz-Strategie.
Fazit: Mobbingprävention als Führungsaufgabe
Mobbing am Arbeitsplatz ist kein individuelles, sondern ein strukturelles Problem. Es betrifft nicht nur die Betroffenen, sondern die gesamte Organisation. Prävention, Sensibilisierung und eine klare Haltung sind die wirksamsten Mittel, um Mobbing zu verhindern. Arbeitgeber*innen haben sowohl eine rechtliche als auch eine moralische Verantwortung, ein gesundes Arbeitsumfeld zu gewährleisten. Richtig umgesetzt, stärkt ein konsequentes Vorgehen gegen Mobbing nicht nur die Gesundheit und Motivation der Mitarbeitenden, sondern auch die Innovationskraft, Wettbewerbsfähigkeit und Reputation des Unternehmens.

