Dies ist das überraschende Ergebnis der siebten Erhebung der “Fachkraft 2020”-Studienreihe. Denn obwohl es sich bei der Chemie-Sparte um eine der bedeutendsten Industriebranchen Deutschlands handelt, sind ihre Top-Unternehmen der Hälfte der Studierendenschaft deutscher Hochschulen unbekannt. Es gibt aber auch positive Nachrichten: Das Image der Branche ist gut.
Untersucht wurde der durchschnittliche Bekanntheitsgrad der in Deutschland agierenden Top-Unternehmen von 12 ausgesuchten Branchen. Dabei gaben 50 Prozent der von “Fachkraft 2020” befragten Studierenden an, dass ihnen die Top-7-Chemie-Unternehmen bekannt seien – der zweitniedrigste Wert im Branchenvergleich. Damit kann der Chemiebereich einzig den Maschinen- und Anlagenbau (22 %) hinter sich lassen. Der Blick nach vorne zeigt deutlich höhere Werte beim Spitzenreiter, der Einzelhandelsbranche, deren Top-7-Unternehmen durchschnittlich 94 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer kennen.
In der vorangegangenen Erhebung der “Fachkraft 2020”-Studienreihe im März 2015 wurden 24 Branchen auf ihre Beliebtheit untersucht. Dabei wurden auch die sieben attraktivsten Arbeitgeber jeder Branche identifiziert.
Anders sieht es hingegen bei der Frage nach der Arbeitgeberattraktivität aus. Hier landen die Top-Unternehmen mit durchschnittlich 47 Prozent hinter der erstplatzierten Automobilindustrie (62 %) und dem zweitplatzierten Internet- und IT-Bereich (56 %) auf Rang 3. Damit kann der Chemiebereich auch große und namhafte Branchen wie zum Beispiel das Bankwesen (30 %) oder den Telekommunikationssektor (25 %) hinter sich lassen.
Die Studienreihe „Fachkraft 2020“ wird halbjährlich in wissenschaftlicher Kooperation zwischen Studitemps und dem Department of Labour Economics der Maastricht University durchgeführt. Rund 25.000 Studierende haben an der vorliegenden Befragung teilgenommen. Die nächste bundesweite Erhebung findet im September 2016 statt.
Deutliche Unterschiede in der Bekanntheit einzelner Unternehmen
Der Bekanntheitsgrad der Top-7-Unternehmen unterscheidet sich enorm. Während Bayer für 90 Prozent der Studierenden ein Begriff ist und auch Henkel immer noch 83 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer kennen, ist der drittplatzierte BASF-Konzern (59 %) schon deutlich weniger Befragten bekannt. Die Plätze 3 bis 6 liegen eng beieinander: Lanxess erreicht 36 Prozent, Linde 33 Prozent und Evonik Industries 32 Prozent. Als mehrheitlich unbekannt ist das Unternehmen Wacker Chemie (14 %) zu bezeichnen.
Kaum Unterschiede hinsichtlich der Arbeitgeberattraktivität
Bei der Frage, ob die zukünftigen Absolventen sich vorstellen könnten, nach dem Abschluss für eines der sieben Unternehmen zu arbeiten, ergaben sich überwiegend geringfügige Differenzen. Die meisten positiven Bewertungen erhielt mit 51 Prozent der Konzern Henkel, dicht gefolgt von Linde mit 50 Prozent. Daran schließen sich BASF (49 %), Bayer (48 %) und Lanxess (46 %) an. Rang 6 besetzt Evonik Industries, liegt jedoch mit 43 Prozent gerade einmal 8 Prozentpunkte hinter dem erstplatzierten Henkel-Konzern. Nur Wacker Chemie auf Rang 7 vereint auffallend weniger positive Stimmen auf sich und kann aufgrund von nur 32 Prozent Zustimmung mit den Spitzenplätzen nicht mithalten.
Die Branche erfreut sich beim akademischen Nachwuchs eines guten Images
Der Chemiebereich erscheint hinsichtlich studentischer Jobwahlkriterien in einem vorwiegend positiven Licht. Aus Sicht der Studierenden zeichnet die Branche vor allem die besondere Familienfreundlichkeit aus, 80 Prozent bedeuten den höchsten Wert im Branchenvergleich. Gleiches gilt für den Aspekt Chancengleichheit / Diversity (80 %). Und auch die Aufstiegsmöglichkeiten (90 %) gelten als sehr gut – immerhin der zweitbeste Wert nach der Pharmabranche (91 %). Etwas weniger positiv schätzen die Befragten die Chemiebranche zum Beispiel mit Blick auf die Kategorien Social Media Präsenz (68 %) oder Nachhaltigkeit (58 %) ein. Insgesamt ist das Image dennoch als positiv zu bezeichnen.
Fazit von Studitemps: Die Chemiebranche bietet dem akademischen Fachkräftenachwuchs von morgen eine Reihe attraktiver Anreize. Immerhin können nur die enorm etablierte Automobilbranche sowie der Internet- und IT-Sektor mehr positive Resonanz bezüglich einer zukünftigen Karriere in der Branche erzeugen. Die gute Stimmung wird jedoch durch den geringen Bekanntheitsgrad der Unternehmen getrübt. Denn wenn nur wenige Studentinnen und Studenten den Bereich Chemie im Blick haben, reicht auch das gute Image nicht aus, um den Fachkräftenachwuchs zu sichern. Hier wäre die gezielte Ansprache von Studierenden relevanter Fachrichtungen eine Option. Über Fachpraktika, Studentenjobs oder unternehmensbezogene Abschlussarbeiten könnten die Studierenden in die Unternehmen geholt und vor Ort von den Vorzügen der Branche überzeugt werden. Denn: Nicht möglichst viele Nachwuchsakademiker müssen die Branche und ihre Unternehmen kennen, sondern die richtigen.