Blick auf Wirtschaft und Politik der letzten Jahre
Die makroökonomischen Rahmenbedingungen der Jahre 2022, 2023 und 2024 sind geprägt von hoher Inflation, steigenden Energiepreisen und der anhaltenden Gas-Krise, die zu einer spürbaren Rezession und einem Rückgang der Investitionen geführt haben.
Besonders im August 2022 verschärften sich Unsicherheiten durch rapide steigende Preise und erschwerte Bedingungen bei der Baufinanzierung sowie deutlich gestiegene Hypothekenzinsen für Wohnimmobilien. Viele Haushalte mussten ihre Ausgaben anpassen, was sich auf Konsum und Arbeitsmarkt auswirkte. In der zweiten Jahreshälfte 2022 und insbesondere im Dezember 2022 wurde das Fiskalpaket der Bundesregierung beschlossen, um die Wirtschaft zu stabilisieren. Es diente dabei als zentrale wirtschaftliche Stimulusmaßnahme, die maßgeblich die wirtschaftliche Entwicklung beeinflusste und auch Auswirkungen auf den Immobilienmarkt hatte. Dennoch blieben die Herausforderungen für Unternehmen und Personalplanung hoch, wie aktuelle Monitor-Berichte und Analysen zeigen. Laut Statista stiegen die Personalengpässe in vielen Branchen auf Rekordniveau, was die Notwendigkeit flexibler Lösungen im Q4 weiter verstärkte.
Einführung in das Thema Personalengpässe
Personalengpässe zählen im Jahr 2024 zu den zentralen Herausforderungen für Unternehmen in Deutschland. Der anhaltende Fachkräftemangel betrifft nahezu alle Bereiche der deutschen Wirtschaft – vom Einzelhandel über die IT-Branche bis hin zum Gesundheits- und Pflegebereich. Laut dem aktuellen Fachkräfteindex von Hays ist die Nachfrage nach qualifizierten Fachkräften in vielen Branchen weiterhin auf einem sehr hohen Niveau. Unternehmen stehen vor der Aufgabe, offene Stellen mit passenden Fachkräften zu besetzen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft zu sichern.
Die Ursachen für den Fachkräftemangel sind vielfältig: Demografische Entwicklungen, strukturelle Veränderungen am Arbeitsmarkt sowie bildungs- und arbeitsmarktpolitische Rahmenbedingungen spielen eine entscheidende Rolle. Hinzu kommen die gestiegenen Anforderungen an Qualifikationen und die zunehmende Digitalisierung, die insbesondere in Bereichen wie IT und Technik zu einer besonders hohen Nachfrage nach spezialisierten Fachkräften führen.
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, sind gezielte Maßnahmen und eine vorausschauende Personalstrategie unerlässlich. Die Bundesagentur für Arbeit unterstützt Unternehmen mit einer Vielzahl von Programmen und Informationsseiten – von der Förderung der Weiterbildung über die Beratung bei der Rekrutierung bis hin zu finanziellen Anreizen für die Qualifizierung von Mitarbeitenden.
Ein zukunftsorientiertes Personalmanagement setzt auf die kontinuierliche Entwicklung und Bindung von Fachkräften. Dazu gehören die Schaffung attraktiver Arbeitsbedingungen, flexible Arbeitszeitmodelle und die Förderung der Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben. Nur durch die gemeinsame Verantwortung von Unternehmen, Politik und Gesellschaft kann der Fachkräftemangel nachhaltig überwunden werden.
Die kumulierten Belastungsfaktoren: Urlaub, Krankheit und Jahresende
Die allgemeine Personalsituation im Q4 wird oft bereits durch interne Faktoren strapaziert, die aus dem Zusammentreffen von zwei planbaren und einem schwer kalkulierbaren Faktor resultieren, wobei sich die Belastung im Vergleich zu den Vorjahren etwas verschärft hat. Diese genannten Belastungsfaktoren gelten als Hauptursachen für Personalengpässe in Q4.
1. Die Urlaubsrest-Problematik
Ein signifikanter Anteil der Resturlaubstage aus dem laufenden Jahr muss gesetzlich oder betrieblich bedingt bis Ende Dezember genommen werden. Diese konzentrierte Abwesenheit von Kernpersonal in einer Zeit ohnehin erhöhten Arbeitsvolumens resultiert in einer sofortigen Ausdünnung der Personaldecke. Diese Situation zwingt das verbleibende Team zur Übernahme zusätzlicher Verantwortung und Mehrarbeit, was die Ermüdung und die Fehleranfälligkeit exponentiell steigert. Die Lösung liegt in der Etablierung klarer, jährlich entzerrter Urlaubsrichtlinien, die Mitarbeiter*innen zur frühzeitigen Planung und Abwicklung von Urlaubstagen anhalten.
2. Die saisonalen Krankheitswellen
Traditionell fällt die Hochsaison des Einzelhandels mit dem Beginn der grippalen Infektionswellen zusammen. Die engere soziale Interaktion in überfüllten Verkaufsräumen und Lagerbereichen sowie die stressbedingte Senkung der Immunabwehr der Mitarbeiter*innen begünstigen die schnelle Ausbreitung von Krankheiten. Ein einziger Krankheitsfall kann in einem bereits überlasteten Team eine Kettenreaktion auslösen. Präventive Maßnahmen wie eine flexible Homeoffice-Regelung (wo möglich), klare Hygienestandards und die aktive Förderung betrieblicher Gesundheitsangebote können das Risiko von Massenausfällen reduzieren. Der Fokus muss auf der Verhinderung von Präsentismus liegen, da kranke Mitarbeiter*innen nicht nur ineffizient sind, sondern auch eine Ansteckungsgefahr darstellen.
3. Spezifische Belastungsprofile der Aktionswochen im Retail
Im Retail eskaliert die Personalkrise durch eine Kette von globalen und lokalen Verkaufsevents, die jeweils spezifische operative Anforderungen an die Teams stellen und unterschiedliche Belastungsspitzen in den Geschäften während der Aktionswochen erzeugen.
Singles Day
Der aus Asien stammende Singles Day (11.11.) hat sich zu einem der größten E-Commerce-Tage weltweit entwickelt. Die Besonderheit liegt in der konzentrierten Online-Abwicklung.
Logistik-Fokus: Die Hauptbelastung liegt primär im Lager und Versand. Das Personal wird intensiv für das Fulfillment (Kommissionierung, Verpackung, Übergabe an Logistikpartner) benötigt, oft innerhalb kürzester Zeitfenster.
Warenwirtschaft: Hohe Anforderungen an die Bestandsgenauigkeit und die schnelle Verarbeitung von Online-Retouren, die kurz nach der Aktion einsetzen.
Kurzfristiger Peak: Der Engpass tritt sehr plötzlich auf und erfordert eine extreme, aber kurze Steigerung der Logistik-Kapazitäten.
Black Week & Cyber Monday
Diese Woche (oder oft sogar zwei Wochen), die Ende November liegt, repräsentiert den größten Omnichannel-Druck des Jahres, da sowohl der physische Handel als auch der Online-Vertrieb gleichzeitig betroffen sind.
Dualer Engpass: Es entsteht ein gleichzeitiger Engpass im Ladenverkauf (hohe Kundenfrequenz, Beratungsbedarf) und im Online-Fulfillment.
Visual Merchandising: Das Personal wird stark für den Umbau von Aktionsflächen und die Preisauszeichnung gebunden, oft außerhalb der regulären Öffnungszeiten, was zu erhöhter Abend- und Wochenendarbeit führt.
Hohe Fehlerquote: Die Hektik führt zu erhöhter Fehleranfälligkeit an der Kasse und in der Bestandskontrolle. Die Arbeitsdichte ist extrem hoch und erfordert maximale Konzentration über längere Schichten.
Das Weihnachtsgeschäft
Die Zeit zwischen Black Week und dem 24. Dezember ist die längste und emotional anspruchsvollste Belastungsphase.
Service-Intensität: Der Fokus verschiebt sich vom reinen Transaktionsgeschäft hin zu beratungsintensiven Käufen (Geschenke). Die Kundenzufriedenheit hängt stark von der Kompetenz und Freundlichkeit des Personals ab.
Verpackungsdienste: Das zusätzliche Anbieten von Geschenkverpackungen bindet erhebliche Personalressourcen im direkten Kund*innenkontakt.
Emotionale Belastung: Die Kombination aus Kaufstress bei Kund*innen und chronischer Übermüdung des Personals führt zu einer erhöhten Wahrscheinlichkeit von Konflikten und einer rapiden Absenkung der psychischen Belastbarkeit der Mitarbeiter*innen.
Nachweihnachtsgeschäft: Die Belastung endet nicht am 24. Dezember, da die Tage nach Weihnachten durch den massiven Ansturm von Umtausch- und Retourenvorgängen geprägt sind, was eine erneute Spitze im Service- und Lagerbereich bedeutet.