So wertvoll das Internet für Unternehmen auch sein mag, einen entscheidenden Nachteil hat es: In vielen Fällen wären Arbeitnehmer mithilfe des WWW locker in der Lage, den Job auch von daheim aus zu meistern – theoretisch zumindest. Doch Deutschland zeigt sich in der Homeoffice-Frage im Vergleich zu anderen Ländern (noch) reichlich gehemmt. Was vielerorts zählt, ist schiere Präsenz. „Chef, darf ich?“ „Nein, Ende der Diskussion!“
Um das Spannungsfeld einer Problematik besser erfassen zu können, hilft manchmal das Klischee. So auch bei der unter Ökonomen und Unternehmern nicht selten lautstark diskutierten Frage nach Wohl und Wehe der Heimarbeit – neudeutsch Homeoffice genannt. Denn klischeehaft wird häufig dagegengehalten, das Arbeiten von daheim aus führe automatisch zu weniger Leistungsbereitschaft. Ganz so, als würde mangelnde Aufsicht durch den Chef gleich das Schlechte im Menschen hervorrufen.
Homeoffice führt zu mehr Leistungsbereitschaft und Zufriedenheit
Nun zeigen neue Zahlen, dass das Klischee vom unbeobachtet zu Faulheit neigenden Arbeitnehmer allmählich zu den Akten gelegt werden kann. Ganz im Gegenteil nämlich fanden Forscher des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) heraus, dass Heimarbeit in der Regel nicht zu Minder-, sondern eher zu Mehrarbeit führt. So werden der Datenlage zufolge im Homeoffice durchschnittlich 6 Stunden mehr pro Woche gearbeitet, als vertraglich vorgesehen ist (40 Stunden). Im Büro praktisch undenkbar.
Warum aber dieser Bruch mit der vermeintlichen Logik des Schummelns? Im Grunde ist es ganz einfach: Im Homeoffice wird mehr gearbeitet, weil man sich per se nicht dem Verdacht aussetzen will, weniger fleißig als das Kollegium im Büro zu sein. Ein erstaunlicher Befund. Hinzu kommt laut DIW, dass die Möglichkeit zu Heimarbeit zu einer messbar höheren Mitarbeiterzufriedenheit führt. Wir fassen also zusammen: Homeoffice = mehr Leistungsbereitschaft + höhere Zufriedenheit mit dem Arbeitgeber. Wo also ist das Problem damit?
Banken, Versicherungen und öffentliche Verwaltungen hinken hinterher
Laut der DIW-Studie wird vor allem in Banken, Versicherungen und in der öffentlichen Verwaltung mit Vehemenz an der Präsenz-Kultur festgehalten. Der Autor der Publikation lässt sich daher zu der Formulierung „personalpolitische Dinosaurier“ hinreißen – nun ja. Aber festzuhalten bleibt, dass das Modell der Heimarbeit in anderen Ländern schon weit ausgereifter ist, mit Erfolg.
Während in Deutschland aktuell 12 Prozent der Arbeitnehmer vom Homeoffice Gebrauch machen (dürfen), liegt der Anteil in Frankreich, England und Schweden (hier sind es 25 %) deutlich höher. Und in den Niederlanden herrscht dort, wo Heimarbeit möglich ist, sogar Rechtsanspruch darauf. Auch hierzulande wird das Potenzial der Heimarbeit zukünftig bei etwa 30 Prozent gesehen. Viel Luft nach oben also!
Fazit von Studitemps: Wenn man sich in manchen Ballungsgebieten Deutschlands vor Augen hält, wie viel Zeit Arbeitnehmer tagtäglich in Staus verbringen, darf alleine dies bereits als Plädoyer für mehr Heimarbeit verstanden werden – von den positiven Befunden der DIW-Studie (mehr Leistungsbereitschaft, mehr Jobzufriedenheit) ganz zu schweigen. Warum also hält man vielerorts noch so streng am alten Format der Büropräsenz fest? Ganz ehrlich: Wir wissen es nicht.