Wohin zieht es Hochschulabsolventen nach dem Abschluss? Welche Branchen werden favorisiert? Und wer sind die Arbeitgeber, die für den Fachkräftenachwuchs besonders attraktiv sind? Wir sind diesen und weiteren ökonomischen Zukunftsfragen nachgegangen. Die Ergebnisse präsentieren wir hier.
Köln, 7. November 2019: Der angestrebte Hochschulabschluss steht bei den fast drei Millionen Studierenden in Deutschland im Fokus des Interesses. Parallel dazu ist die Aussicht auf potenzielle Zielbranchen und Wunscharbeitgeber jedoch ebenfalls hochrelevant. Letzteres haben wir im Rahmen der Studienreihe Fachkraft 2030 in Kooperation mit der Maastricht University untersucht und etwa 22.000 Personen zu ihren präferierten Branchen sowie Unternehmen befragt.
„In welcher Branche und für welches Unternehmen/welche Institution möchten Sie nach dem Studium am ehesten arbeiten?“
So lautete die konkrete Fragestellung. Wählen konnten die Berufseinsteigerinnen und -einsteiger in spe aus 31 Branchen und 500 Unternehmen. Die Auswahl rekrutierte sich in erster Linie aus den Top-500-Unternehmen in Deutschland, die nach Bedarf und branchenspezifisch durch Institutionen und Tätigkeitsfelder erweitert wurden. Die aus dieser repräsentativen Befragung gewonnenen Erkenntnisse liefern ein differenziertes Stimmungsbild. So erlauben die Resultate sowohl Rückschlüsse auf die Attraktivität von Bereichen und Akteuren am Arbeitsmarkt als auch eine Betrachtung aus der Geschlechterperspektive und weiteren Blickwinkeln.
Zielbranchen: Nur zwei Bereiche überwinden die Zehn-Prozent-Marke
Bei der Frage nach der Arbeitgeberattraktivität erhalten lediglich zwei Zielbranchen einen Zuspruch von über zehn Prozent der Studierenden, nämlich:
„Bildung, Erziehung & Forschung“ (Position 1 mit 15,3 %) und
„Gesundheits-, Pflege- & Sozialwesen“ (mit 11,3 % auf Platz 2).
Die Branche „Bildung, Erziehung & Forschung“ zieht vor allem Studierende der Erziehungswissenschaften (58,2 %) und der Sprach- und Kulturwissenschaften (30,5 %) an. Hinweis: Die ermittelten Werte schließen die Lehramtsstudenten jeweils ein.
Zweifelsohne trägt die Vielschichtigkeit der beiden höchstplatzierten Zielbranchen zu ihrer hohen Popularität bei. Beides sind breit gefächerte Bereiche, die eine Vielzahl möglicher Karrierewege in sich vereinen.
„Das Interesse am Sektor Bildung, Erziehung & Forschung steigt. Im März 2016 wollten noch 14,4 % der Studierenden später in diesem Bereich arbeiten, heute sind es 15,2 %. Bereits während des Studiums suchen viele Studenten auch auf Studitemps nach Jobs in Kitas und Kindergärten.” – so Eckhard Köhn, CEO von Studitemps.
Automobilbranche schafft es aktuell in die Top 5
Auf Platz 3 rangiert „Medien, Verlagswesen & Marketing“ mit 8,4 Prozent; es folgt „IT / Soft- und Hardware“ mit 7,3 Prozent auf Position 4. Interessant ist die Entwicklung der Automobilbranche. Nach einem Tiefstand von 6,1 Prozent, erholten sich die Zuspruchswerte etwas und liegen in diesem Jahr bei 7,2 Prozent: gut für Rang 5.
„Die Skandale in der Automobilbranche gingen nicht spurlos an deren Attraktivität für angehende Hochschulabsolventen vorbei: Kurz nach Bekanntwerden des Dieselskandals um VW im September 2015, lag die Attraktivität tatsächlich noch auf einem Hoch von 8,0 % (Stand März 2016). In den darauffolgenden Jahren nahm sie dann nach und nach ab. Der anhaltende Abstieg hängt voraussichtlich mit der doch langsamen Aufarbeitung des Skandals und immer wieder neuen Erkenntnissen darüber zusammen. Auch die ungeklärte Zukunftsausrichtung der Branche schwingt hier sicherlich mit. Dieses Jahr ging es aber mit 7,2 % doch wieder gut bergauf.” – kommentiert Eckhard Köhn.
Zum Vergleich: Im Jahr 2015 belegte man mit 11,9 % noch den 2. Platz. Es stellt sich die Frage, ob die Diskussionen um Abgasskandal, Klimawandel und Mobilität an sich sowie die partiell ungeklärte Zukunftsausrichtung der Branche deren Attraktivität im weiteren Verlauf mindern werden.
Versicherungen, Telekommunikation und Messewesen abgeschlagen
Ein noch deutlicherer Rückgang zeigt sich bei einer anderen Zielbranche, nämlich dem oben bereits genannten Medienbereich. Zwar belegt sie nach wie vor den 3. Platz, jedoch unter massiven Einbußen (8,4 % im Vergleich zu ehemals 17,1 % – gleichbedeutend mit Platz 1 in 2015). Am unteren Ende des Rankings finden sich das Versicherungswesen (auf Platz 29; 0,5 % Zuspruch), die Telekommunikationsbranche (mit 0,4 % auf Position 30) sowie als Schlusslicht das Messewesen (0,3 %). Insbesondere die Bereiche Versicherungen und Telekommunikation belegen, dass Umsatzstärke nicht zwangsläufig mit Beliebtheit bei zukünftigen Absolventinnen und Absolventen einhergeht. Bereits bei der Erhebung zum Wintersemester 2014/2015 landeten beide am Ende der Rangliste.
Branchenattraktivität aus der Geschlechterperspektive
Analysiert man die geschlechterspezifische Anziehungskraft einzelner Branchen, so zeigt sich ein differenzierteres Bild. Im Folgenden betrachten wir die Attraktivität der Top 5 und ausgesuchter weiterer Bereiche auf Männer und Frauen.
Bestplatzierte Branchen für Frauen besonders attraktiv
Zunächst lässt sich festhalten, dass die Top-3-Zielbranchen ihre Rankings ganz entscheidend dem Zuspruch der befragten Studentinnen verdanken. Jede fünfte Teilnehmerin wählte „Bildung, Erziehung & Forschung“, gleichbedeutend mit 19 Prozent. 15 Prozent der weiblichen Befragten entschieden sich für das „Gesundheits-, Pflege- & Sozialwesen“. Auch die drittplatzierte Zielbranche „Medien, Verlagswesen & Marketing“ verzeichnet mehr als doppelt so hohen Zuspruch von weiblicher Seite.
Umgekehrtes Verhältnis auf den beiden Folgepositionen
Auf den Rängen 4 und 5 verkehrt sich das Geschlechterverhältnis ins Gegenteil; hier ist das Interesse der Studenten deutlich stärker ausgeprägt. So kann die Branche „IT / Soft- und Hardware“ einen „männlichen” Anteil von 12,2 Prozent verzeichnen, der Automobilbereich kommt auf 10 Prozent. Als besonders eklatant entpuppt sich das Ungleichgewicht in der „Elektrotechnik” auf Platz 15: Können sich immerhin 3,7 Prozent der Männer eine postgraduelle Anstellung in diesem Bereich vorstellen, so ist dies nur für 0,6 Prozent der Frauen eine Option – das Verhältnis ist 6:1. Generell fällt in „weiblicheren” Bereichen die Differenz geringer aus. Der Höchstwert liegt bei 3:1, ermittelt für den Bereich „Gesundheits-, Pflege- & Sozialwesen“.
Eckhard Köhn: „Der Überhang eines Geschlechts in einem Berufssektor ist stärker in den männlich besetzten Bereichen. Frauen begeben sich nach ihrem Studienabschluss seltener auf das männliche Terrain, als es Männer in weibliche Branchen zieht. Möchte man dieses Ungleichgewicht aufheben, ist also weiterhin gefragt, dass die technischen Berufe für Frauen attraktiver gestaltet werden. Fluktuation von männlichen in weibliche Branchen ist bereits vorhanden, andersrum ist es noch nicht der Fall. Das wirkt sich sicherlich auch auf den Gender Pay Gap aus, denn die hier männlich besetzten Berufe sind diejenigen, die überdurchschnittlich hohe Löhne bieten.”
Wunscharbeitgeber: Welche Unternehmen sind besonders beliebt?
Im meistgenannten Bereich „Bildung, Erziehung & Forschung“ strebt ein großer Anteil (insgesamt 47,1 %) der Befragten an die Schulen, was keine große Überraschung darstellt: 51,5 Prozent derjenigen, die „Bildung, Erziehung & Forschung“ als Zielbranche auswählten, studieren auf Lehramt. Das heißt im Umkehrschluss aber auch: Eine signifikante Anzahl von Lehramtsstudenten (m/w) möchte nach dem Abschluss nicht an einer Schule bzw. im Bildungsbereich arbeiten.
„Einen kleinen Dämpfer erhält die Euphorie um die guten Zahlen für den Berufssektor Bildung, Erziehung & Forschung durch die Berufswünsche der Lehramtsstudierenden: Über 30 % von ihnen wollen nach dem Studium nicht an einer Schule arbeiten, sondern streben eine anderweitige Karriere an. Die Länder müssen daher wohl weiter auch auf Quereinsteiger hoffen, die den Lehrberuf erst noch nach dem Studium für sich entdecken. Gleichzeitig muss die Politik die Arbeitsbedingungen für Lehrer wieder attraktiver machen: Hier gilt es eben nicht nur am Lohn anzusetzen.” – ordnet Eckhard Köhn die Ergebnisse ein.
Dort, wo das Employer Branding allgemein eine weniger große Rolle einnimmt – im zweitplatzierten „Gesundheits-, Pflege- & Sozialwesen“ – sind nur wenige Unternehmen bzw. Institutionen in den Top-500 präsent. Hervorzuheben ist die Berliner Charité mit einem relativ hohen Wert von 5,1 Prozent.
Die Zielbranche „Medien, Verlagswesen & Marketing“ auf Rang 3 präsentiert sich vergleichsweise divers. Dennoch favorisieren jeweils über sechs Prozent der Teilnehmer drei potenzielle Arbeitgeber bei ihren Zukunftsplanungen: die ProSiebenSat.1 Group (6,6 %), die ARD (6,1 %) sowie das ZDF (ebenfalls 6,1 %).
Im Bereich „IT / Soft- und Hardware“ (Platz 5 im Branchenranking) sind Apple und SAP mit jeweils 10,2 Prozent gleichauf und teilen sich die Spitzenposition. Microsoft Deutschland folgt mit 7,6 Prozent auf dem 3. Rang, direkte Verfolger sind IBM Deutschland (6,2 %) sowie Bosch Engineering (6,0 %).
Fokus Automobilbranche: Markenerfolg bedingt Beliebtheit
Entscheidend für die Popularität einzelner Branchen ist der Erfolg der zugehörigen Marken. In Deutschland hat dies für den Automobilbereich unverändert besondere Gültigkeit. Nicht außer Acht zu lassen ist ebenfalls, dass die Arbeitgeberattraktivität eine nicht zu unterschätzende ökonomische Dimension innehat. Bei den Studierenden, die eine Karriere in der Automobilbranche anstreben, verfügt aktuell Daimler über das beste Standing, gefolgt von weiteren deutschen Konzernen.
Volkswagen liegt hierbei mit einem Wert von 9,2 knapp unter der 10-Prozent-Marke. Abgesehen davon erzielt nur ein Hersteller Zuspruchswerte von über zwei Prozent, nämlich das US-amerikanische Unternehmen Tesla (anteilig 2,6 %). Hier lässt sich eine Parallele zur den Branchen Telekommunikation und Versicherungswesen ziehen, wenngleich im umgekehrten Sinne: Obwohl es beträchtlich umsatzstärkere Hersteller gibt, lässt Tesla diese in der Beliebtheitsskala hinter sich.
Studitemps-CEO Eckhard Köhn unterstreicht: „Der beliebteste ausländische Hersteller ist Tesla aus dem Silicon Valley, mit dem berühmten Konzernchef Elon Musk. Tesla ist damit attraktiver als Giganten wie General Motors, Ford und Toyota, obwohl diese deutlich mehr Umsatz machen. Tesla stellt ´nur´ Elektroautos her ‒ ein Konzept, das gut ankommt bei angehenden Hochschulabsolventen auf der Suche nach einem Arbeitgeber. Wir selbst merken das auch, wenn es um Anfragen für Jobs über Studitemps und Jobeinstieg.de geht: Der Faktor ´Sinnstiftende Arbeit´ wird für viele Absolventen immer wichtiger.”
Studitemps Fazit
Die anvisierten Karrierewege von Studierenden in Deutschland sind ein ebenso wichtiges wie komplexes Analysethema. Es zeigt sich, dass in einigen Zielbranchen wie etwa „Bildung, Erziehung und Forschung” klare Präferenzen zutage treten, zugleich haben Versicherungswesen, Telekommunikationsbranche und Messewesen mit anhaltend geringem Zuspruch zu kämpfen. Hier könnte sich, ebenso wie im Medienbereich, eine Nachwuchsproblematik abzeichnen. In Teilen unklar ist die Zukunftsausrichtung der Automobilbranche. Vor diesem Hintergrund ist es für die Beteiligten umso entscheidender, zukünftige Absolventinnen und Absolventen für die Arbeit im Unternehmen zu begeistern und zu binden – bestenfalls bereits prägraduell im Rahmen von Werkstudententätigkeiten und Ähnlichem.
Gleichsam ist es auch in populären Zielbranchen wichtig, sich Fachkräfte zu sichern. Die teils massive Zuspruchsdivergenz zwischen weiblichen und männlichen Studierenden, etwa in den Bereichen „Bildung, Erziehung & Forschung“ sowie Elektrotechnik, signalisiert ebenfalls Nachholbedarf. Studitemps möchte seinen Beitrag zur Bewältigung dieser Herausforderungen leisten, sowohl durch die Vermittlung von Studierenden als auch mit der Platzierung von Young Professionals. Unser Leistungsspektrum umfasst viele verschiedene Branchen und erstreckt sich ebenfalls auf zukunftsträchtige Gebiete wie zum Beispiel Mobility.