Die wirtschaftliche und kulturelle Attraktivität deutscher Bundesländer und Kommunen wird bekanntermaßen (vor allem) durch den Verbleib und die Abwanderung der Hochschulabsolventen beeinflusst. Wohin zieht es die jungen Akademiker? Gibt es geschlechtlich divergente Migrations- und Bleibeabsichten und welchen Einfluss haben die verschiedenen Hochschulabschlüsse?
Mit diesen Fragen hat sich unsere Studie „Fachkraft 2020“, die seit 2012 in wissenschaftlicher Kooperation zwischen Studitemps und dem Department of Labour Economics der Maastricht University durchgeführt wird, auseinandergesetzt. In diesem Artikel beschäftigen wir uns mit der beruflichen Migrationsplanung angehender Absolventen. Die Datengrundlage hierzu bilden die vorliegenden Ergebnisse der 5. und 6. Erhebung.
Zu- und Abwanderung von Absolventen im Ländervergleich: Hamburg top
Unter den deutschen Bundesländern liegt die Hansestadt Hamburg in prozentualer Hinsicht klar an der Spitze der Nettozuwanderung der Akademiker. Im hohen Norden kommen auf 100 dort ausgebildete Akademiker 159 Zugewanderte. Das bedeutet einen Migrations-Gewinn von 159 Prozent. Ähnliches zeichnet sich - obschon prozentual auf deutlich niedrigerem Niveau - für Berlin, Bayern und Baden-Württemberg ab.
Deutlich schlechter sieht es indes für 12 weitere deutsche Bundesländer aus. 47% und 44 % der Absolventen in Rheinland-Pfalz und dem Saarland wollen die Heimat nach ihrem Abschluss dauerhaft verlassen. Diese Zahlen sind im Vergleich zu Thüringen mit 59% und Bremen mit 63% Abwanderung ein noch erträgliches Übel. Spitzenreiter der Abwanderungsrate ist Sachsen-Anhalt. Gerade einmal 30% der Absolventen können sich vorstellen dort zu leben und zu arbeiten.
Geschlechtliche Differenzen bei Migrationserwartungen
Auch auf geschlechtlicher Ebene lassen sich mehr oder minder stark ausgeprägte Präferenzunterschiede erkennen. Auch hier zieht es sowohl Männer (Zuzug von 135%), als auch Frauen (sogar 181%) nach Hamburg. Für die Herren der Schöpfung sind allerdings auch Baden-Württemberg (31%) oder Bayern (36%) interessant, während Hauptstadt Berlin für die Damenwelt interessant zu sein scheint (69%).
Unterschiedliche Wanderungstendenzen je nach Art des Abschlusses
Die Betrachtung der Abschlussarten Bachelor, Master, Examen und Promotion fördert ebenfalls zum Teil erhebliche Abweichungen zu Tage.
Bachelor: Der prozentuale Unterschied zwischen maximaler Zu- und Abwanderung fällt im Bachelor-Bereich vergleichsweise moderat aus. So steht dem Plus von 75 Prozent in Hamburg ein Minus von 62 Prozent in Sachsen-Anhalt gegenüber.
Master: Lediglich Hamburg, Bayern, Berlin und Baden-Württemberg können zuziehende Master-Absolventen begrüßen. Prozentual erstreckt sich das Ausmaß von 192 Prozent Zuzug in Hamburg bis hin zu einem Minus von jeweils 72 Prozent in Brandenburg und Sachsen-Anhalt.
Examen: Die meisten Bundesländer mit Gewinnpotential finden sich für den Abschluss Staatsexamen - hier sind es sechs an der Zahl. Hamburg, Berlin, Bayern, Baden-Württemberg sowie Niedersachsen und Schleswig-Holstein dürfen sich über einen Zuzug von bis zu 153 Prozent (Hamburg) freuen. Die größte Abwanderungstendenz liegt indes mit einem Minus von 60 Prozent im Saarland vor.
Promotion: Hier zeigt sich das größte Minus aller analysierten Abschlussarten. In Sachsen-Anhalt wollen 76 Prozent der Absolventen nach ihrem Abschluss in andere Bundesländer abwandern. Es folgen Thüringen (-64%); Brandenburg (-62%) und Rheinland-Pfalz (-54%). Der größte Zuzug deutet sich auch hier mit 133 Prozent für Hamburg an.
Studitemps-Fazit: Im Rahmen der Studienreihe „Fachkraft 2020“ haben wir erhoben, welche Länderpräferenzen Studierende hinsichtlich des beruflichen Starts haben. Besonders die Hansestadt Hamburg macht dabei eine hervorragende Figur. Das darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass die meisten Bundesländer mit Abwanderungen zu kämpfen haben. Wie gehen wir nun mit den Ergebnissen um? Wie können Studierende gerade dort vom Bleiben überzeugt werden, wo es den vorliegenden Ergebnissen zufolge personell schwierig werden könnte – zum Beispiel in Sachsen-Anhalt, im Saarland oder Thüringen? Studitemps hat folgende Erfahrung gemacht: Dort, wo Hochschülerinnen und Hochschüler bereits früh im Studium gebunden werden können – oder noch wichtiger – für Unternehmen begeistert, kommen Gedanken ans Abwandern deutlich seltener auf.