In unserer Artikelserie „Studentische Zielbranchen“ richtet sich der Blick aktuell auf ein überaus vielversprechendes Berufsfeld für Hochschulabsolventen – die Luft- und Raumfahrtbranche. Laut der jüngsten Erhebung zur Studienreihe „Fachkraft 2020“ erhoffen sich potenzielle Bewerber von der Branche neben guten Einstiegschancen vor allem ein hohes Anfangsgehalt. Ein paar Semester mehr werden da (scheinbar) gerne in Kauf genommen.
Gut 3 Prozent der rund 20.000 Studenten, die für die Studienreihe „Fachkraft 2020“ jüngst befragt wurden, streben beruflich in die Luft- und Raumfahrtindustrie. An sich kein hoher Wert, was Platz 12 im Ranking aller 24 untersuchten Branchen verdeutlicht. Der Abstand zum Spitzenreiter Medien-und Verlagswesen (17,1%) ist – formal – beträchtlich. Dennoch dürfte das Gesamtergebnis der Analyse Vertretern aus dem (relativ kleinen) Bereich der Luft- und Raumfahrt keine größeren Zukunftsängste bereiten, im Gegenteil.
So kommt die hoch spezialisierte Branche bei potenziellen Bewerbern (zuvorderst aus den Fächern Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften) in wichtigen Auswahlkategorien wie Wunschgehalt, Arbeitsplatzsicherheit oder antizipierter Jobzufriedenheit sehr gut weg. Oder anders ausgedrückt: Hier haben andere Branchen wie zum Beispiel das Versicherungswesen oder der Telekommunikationsbereich aktuell mit ganz anderen Beliebtheitswerten zu kämpfen.
Erstellt wurde das Ranking auf Basis der Märzerhebung 2015 zur Studienreihe „Fachkraft 2020“. In wissenschaftlicher Kooperation zwischen Studitemps und dem Department of Labour Economics der Maastricht University werden seit 2012 halbjährlich bundesweite Studentenbefragungen durchgeführt. Nächste Erhebung: September 2015.
Die Top-5-Arbeitgeber im Bereich der Luft- und Raumfahrt
Auf den ersten Plätzen finden sich erwartungsgemäß die großen Player der Branche. Klarer Favorit der Studenten, die es beruflich in Luft- und Raumfahrt zieht, ist mit 22,8 Prozent die französische Airbus Group, zumal auch der 2014 fusionierte Konzern EADS mit 6,9 Prozent eine Topplatzierung erreichen konnte (Rang 5). In der Addition beider Werte kommt die Airbus Group somit auf fast 30 Prozent. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt landet mit 17,5 Prozent auf einem respektablen zweiten Rang, dicht gefolgt vom gleichfalls aus Deutschland stammenden Unternehmen Lufthansa Technik (16,7 %). Das US-amerikanische Unternehmen Boeing rangiert mit 9,2 Prozent auf Platz 4 des Rankings.
Beliebteste Arbeitgeber in Luft- und Raumfahrt
Branchenvergleich: Ein leichter Einstieg lockt
Vor allem Studierende der Fächer Ingenieurwissenschaften, Wirtschaftswissenschaften sowie Naturwissenschaften zieht es in die Luft- und Raumfahrtindustrie – und sie blicken mit vergleichsweise wenig Sorge auf den Berufseinstieg. Lediglich 26 Prozent der potenziellen Bewerber rechnen mit anfänglichen Schwierigkeiten am Jobmarkt, womit sich Luft- und Raumfahrt im oberen Drittel aller Branchen befindet, nicht weit vom Spitzenwert im Bereich Maschinen- und Anlagenbau (21 %) entfernt. Zum Vergleich der Blick in die andere Richtung: Der Abstand zur Branche, die beim Berufseinstieg die größten Kopfschmerzen bereitet (Medien-und Verlagswesen: 44 %), beträgt beachtliche 18 Prozent.
Der akademische Weg in die Branche ist lang: Lohnt sich das?
Nur 6 Prozent der Studenten, die später in Luft- und Raumfahrt arbeiten wollen, streben den Einstieg bereits nach dem Bachelor an. Heißt: Die überragende Mehrheit strebt zunächst höhere akademische Grade an, was zum Teil deutlich längere Ausbildungszeiten nach sich zieht. Heißt auch: Im Kampf um die jüngsten Absolventen am Markt liegt die Luft- und Raumfahrtbranche (geschuldet sicherlich dem hohen Kompetenzanspruch) – zusammen mit einigen anderen Branchen wie Bankwesen, Steuer-/Wirtschaftsprüfung oder Pharma/Biotechnologie – auf dem letzten Platz.
Finanziell soll sich die Mühe aus Sicht der Studenten jedoch lohnen. Exakt 45.805 Euro beträgt das erwartete Einstiegsgehalt, was Platz 3 im Ranking gleichkommt. Damit liegen Luft- und Raumfahrt in der Gehaltsfrage nur knapp hinter den Spitzenplätzen Steuer-/Wirtschaftsprüfung (46.859 €) und Bankwesen (46.328 €).
Detailanalyse der beliebtesten Arbeitgeber in der Luft- und Raumfahrtbranche
Detailanalyse der beliebtesten Arbeitgeber: Airbus Group punktet in wichtigen Kategorien
Die vorangegangene Darstellung verdeutlicht im Detail, worauf sich die Spitzenplatzierung der Airbus Group stützt. Zunächst erwarten Studenten hier das mit einigem Abstand höchste Einstiegsgehalt innerhalb der Top-5. Mit einem durchschnittlichen Wunschlohn von rund 47.500 Euro liegt der französische Konzern mit Deutschlandsitz in Hamburg über 6.000 Euro brutto pro Jahr über Konkurrent Boeing (Platz 5 innerhalb der Top-5), was einem Einkommensunterschied von rund 15 Prozent entspräche.
Auch in den Kategorien (1) antizipierte Jobzufriedenheit und (2) Sorge vor Joblosigkeit weiß Airbus die befragten Studenten zu überzeugen. Dennoch kann das insgesamt sehr gute Ergebnis des Spitzenreiters nicht darüber hinwegtäuschen, dass es mit Blick auf die praktische Branchenerfahrung potenzieller Bewerber und deren Bachelor-Anteil Nachholbedarf gibt. So gaben lediglich 20 Prozent der Studenten mit beruflicher Zielrichtung Airbus an, bereits im Rahmen eines Nebenjobs Erfahrung in der Branche gesammelt zu haben (schlechtester Wert innerhalb der Top-5).
Der Blick auf die Persönlichkeitsmerkmale angehender Bewerber für die Luft- und Raumfahrtbranche zeigt, dass hier im Durchschnitt eine hohe „emotionale Stabilität“ anzutreffen ist (1,18). In dieser Kategorie ließen sind lediglich für die Bereiche Bankwesen (1,27), Telekommunikation (1,20) und insbesondere Maschinen- und Anlagenbau (1,31) höhere Werte festhalten (zum Vergleich: 1,00 wäre der Durchschnitt). Am schlechtesten fällt bei Interessenten für die Luft- und Raumfahrtbranche hingegen die Ausprägung im Bereich „Verträglichkeit“ aus (0,84). Dagegen sind die Werte für „Gewissenhaftigkeit“, „Extraversion“ und „Offenheit“ als durchschnittlich anzusehen.
Fazit von Studitemps:
Die Luft- und Raumfahrtindustrie gehört zweifelsfrei zu den Hightech-Branchen in Deutschland. Aufgrund der hohen Spezialisierung des Metiers ist es nicht verwunderlich, dass niedrige Bachelorquoten unter potenziellen Bewerbern und hohe Gehaltserwartungen Hand in Hand gehen. Denn wer sich wirklich für eine Karriere in der Branche interessiert, weiß um den beschwerlichen akademischen Werdegang. Im Gegenzug darf es natürlich gerne ein spannender Beruf mit überdurchschnittlicher Bezahlung sein.
Aber es gibt auch ein Manko: Im Durchschnitt fußen die studentischen Erwartungen an einen späteren Beruf in der Luft- und Raumfahrtbranche in lediglich 22 Prozent der Fälle auf zuvor – in Studentenjobs – erworbener Praxiserfahrung. Hier können gerade „junge“ Wirtschaftsbereiche wie die Internetbranche oder Soft- und Hardwarehersteller auf ein deutlich höheres Maß an prä-gradueller Bindung an nachrückende Absolventen-Jahrgänge verweisen. Die Lösung: mehr Studentenjobs anbieten!