Dazu ein paar einleitende Zahlen: Rund 64 Prozent aller Hochschülerinnen und Hochschüler gingen in Deutschland 2021 einer bezahlten Nebentätigkeit nach. Absolut gesehen handelt es sich dabei um rund 1,9 Millionen jungen Menschen, denen studienbegleitendes Arbeiten vor allem zwei Dinge ermöglicht: Einblicke in die berufliche Praxis, die nicht selten wegweisend sind und finanziellen Spielraum, den man durchaus als Wirtschaftskraft bezeichnen kann.
Studierende und Wirtschaftskraft? Ja, richtig gelesen. Denn folgt man den unserer Forschung zugrunde liegenden Daten zu Lohnniveau und Arbeitsaufkommen, werden am studentischen Jobmarkt inzwischen mehr als 10 Milliarden Euro pro Jahr an Personalkosten umgesetzt. Neben Geldquellen wie den Eltern, BAföG oder Stipendien trägt damit das studentische Arbeiten ganz wesentlich zum monatlichen Gesamtbudget der Hochschülerinnen und Hochschüler bei. Vor allem aber fließen (aus ökonomischer Sicht) erhebliche Teile der studentischen Erwerbseinkünfte sozusagen 1-zu-1 in den Konsum und somit in den Markt zurück – ein Milliardending also, das viele so nicht auf dem Schirm haben.
Ja, Studierende haben Wirtschaftskraft – Kneipen und Frittenbuden wissen das
Logisch, Studierende stehen aufgrund des pro Kopf relativ geringen Mittelaufkommens (das durchschnittliche Monatsbudget liegt bei 850 Euro) nicht im Verdacht, als Zielgruppe höherpreisiger oder gar luxuriöser Güter relevant zu sein. Geschenkt. Zu den großen Profiteuren der studentischen Finanzkraft zählen dafür solche Marktakteure, die vor allem für den täglichen Bedarf von Bedeutung sind. Oder anders gesagt: Die Lebensmittel- und Unterhaltungsindustrie, die Immobilienwirtschaft oder die Telekommunikationsbranche würden es definitiv merken, wenn da auf einmal nix mehr käme. Von Kneipen, Frittenbuden, Kiosken oder Bäckereien an den Hochschulstandorten ganz zu schweigen. Doch wie genau verdienen Studierende ihre so wirkmächtige Kohle? Welche Jobs werden bevorzugt? Zu welchen Löhnen wird gearbeitet? Und idealerweise zu welchen Zeitkonditionen? Zu diesen und anderen Fragen forscht die Studienreihe Fachkraft 2030 seit nunmehr 10 Jahren – eine Zeitspanne, in der sich auch am studentischen Jobmarkt vieles entwickelt hat.
Zunächst der Blick aufs Lohnniveau: 2012 lag der durchschnittliche Stundenlohn der Studierenden in Deutschland noch bei exakt 8,88 Euro. Dem gegenüber stehen heute rund 11,89 Euro in 2021. Das macht nicht nur üppigen Gehaltssprung von 34 %, sondern bedeutet in der Jahr-für-Jahr-Betrachtung, dass studentisches Arbeiten bislang immer recht komfortabel über dem gerade gültigen Mindestlohn lag. Finanziell und perspektivisch besonders spannend sind natürlich Studi-Jobs, die einen erkennbaren Bezug zum Studium haben. Also nicht der Chemiestudent, der (bei aller Wertschätzung) abends Pizza ausliefert oder Kinokarten abreißt, sondern der Chemiestudent, der tatsächlich im Labor sitzt. Wie man sich leicht vorstellen kann, können diese fachnahen Jobs DER Schlüssel für Arbeitgeber sein, um den akademischen Nachwuchs früh an sich zu binden.
Studi-Jobs mit Fachbezug bieten alles, was es braucht: gutes Geld und Anschlussperspektive
Wie das ablaufen kann? Nun, man lernt sich erstmal unverbindlich kennen. Die Zusammenarbeit wird über die Semester stetiger, die Zuständigkeiten anspruchsvoller. Und wenn alles passt, ist der Festvertrag nach dem Abschluss nur noch Formsache. Zu vereinfacht dargestellt? Gut möglich, aber angesichts hunderttausender unbesetzter Stellen, die es gerade und mit Blick nach vorne nicht nur im Handwerk gibt, müsste der soeben schematisch beschriebene Faktor „Chancen schaffen“ in den Personalbüros eigentlich noch einmal völlig neu bewertet werden. An den Studis wird es jedenfalls nicht scheitern, das geht aus unserer Forschung klar hervor. Denn: Schon heute können 46,5 Prozent der regelmäßig arbeitenden Hochschülerinnen und Hochschüler auf einen Nebenjob mit Fachbezug zum Studium verweisen. Der Wert ist gut, der Wert ist sogar prima. Vor allem aber wäre dieser Wert noch einmal deutlich steigerbar, schließlich geben in unseren Befragungen regelmäßig weitere 37,2 Prozent an, gerne fachbezogen arbeiten zu wollen. Das Problem: Es ist exakt dieser Teil der Stichprobe, der zugleich angibt, bislang leider keinen solchen Job gefunden zu haben. Das nur als kleiner Wink mit dem Zaunpfahl in Richtung Wirtschaft.
Der ideale Studi-Job bietet ein Wochenvolumen von 12 Arbeitsstunden – nur bitte flexibel
Interessant dürfte aus Arbeitgebersicht auch sein, zu welchen Zeitkonditionen sich Studierende ein Engagement am besten vorstellen können. Klar, da ist sehr viel Individuelles im Spiel, aber es gibt ein Muster, das wir mit unseren Befragungen recht gut nachzeichnen können – sozusagen das Muster für den bestmöglichen Studi-Job. Mit Blick auf die Dauer bietet dieser ideale Job Hochschülerinnen und Hochschülern ein Wochenvolumen von rund 12 Stunden. Real wird diese Stundenzahl – unter anderem aufgrund der Flexibilisierung durch Corona – seit 2020 auch erreicht, vorher war es ein bisschen weniger. Als ganz zentral werden von studentischer Seite aber keine fixen, sondern flexible Arbeitszeiten empfunden. Flexibilität rangiert in der Wertigkeit sogar deutlich über dem Gehalt, es muss halt zum Stundenplan passen – sonst leider kein Job. Von der Tendenz her darf dieser Job übrigens gerne bis in die Abendstunden dauern, gar kein Problem. Das gilt vor allem fürs laufende Semester, während in den vorlesungsfreien Zeiten eigentlich immer was geht. Selbst zu unchristlichen Zeiten, womit Studierende am Arbeitsmarkt ein absolutes Alleinstellungsmerkmal haben dürften. Jetzt aber, Wirtschaft!