Michael Scharsig

Mit Bachelor als höchstem Abschluss auf den Arbeitsmarkt? Für Studenten aktuell kaum eine Option

Michael Scharsig
Michael Scharsig
veröffentlicht am 8.11.2017

Das Bachelor-Master-System wurde geschaffen, um die Mobilität sowie die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu fördern. Die akademischen Ausbildungszeiten sollten nicht nur verkürzt werden. Eine stärkere Praxisorientierung sollte außerdem die Beschäftigungsfähigkeit von Hochschulabsolventen erhöhen. Wir haben im Rahmen unserer Studienreihe „Fachkraft 2020“ die Studienabschlüsse bundesweit miteinander verglichen und vor allem ein Problem festgestellt: Studenten zweifeln nach wie vor am Bachelor.

Schon 2012 beurteilten im Rahmen der ersten Erhebung unserer Studienreihe immerhin 37 Prozent der Studenten die fachliche Vorbereitung auf den Beruf durch ein Bachelor-Studium als nicht ausreichend.

Unternehmen und Studenten erkennen: Bachelor alleine reicht nicht aus!

Eine aktuelle Unternehmensbefragung der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) zeigt: Mehr als die Hälfte der Unternehmen – genau 53 Prozent – sehen ihre Erwartungen an Bachelor-Absolventen nicht erfüllt. Es offenbart sich eine seit 2007 sinkende Zufriedenheit mit den Bachelor-Absolventen, wohingegen die Zufriedenheit mit dem Master steigt. Dabei wurden besonders die aus Sicht der Unternehmen zu geringe Anwendungsorientierung (30 %) sowie fehlende methodische (24 %) und mangelnde persönliche und soziale Kompetenzen (23 %) kritisiert.

Aus Studentensicht schneidet das System nicht besser ab. Aktuell planen nur die wenigsten Absolventen (12,1%) bereits mit einem Bachelor-Abschluss den Schritt auf den Arbeitsmarkt. Bis heute scheint das Vertrauen ins Bachelor-Studium also nicht gewachsen zu sein. 61 Prozent – und damit der überwiegende Anteil der befragten Studierenden – planen mit einem Master als höchsten akademischen Grad.

Die Promotion (14,5 %) ist im Vergleich zum Bachelor als höchster Studienabschluss gleichfalls eine attraktivere Option, wenngleich ihr Anteil im Vergleich zum Vorjahr deutlich gesunken ist (WS 2015/16: 17,5 %). Des Weiteren geben 7,4 Prozent der Studentinnen und Studenten an, dass sie ein Staatsexamen als höchsten Abschluss erwerben wollen. Das Diplom (2,3 %) ist – ebenso wie der Magister (0,7 %) – als auslaufender Studienabschluss nur noch eine Randerscheinung.

Bremen: Das „Master-Land“ schlechthin

Bei einem Blick auf die studentischen Wechsel- und Migrationsabsichten zwischen den Studienabschlüssen (zum Beispiel zwischen Bachelor und Master) fallen nennenswerte Unterschiede zu den oben dargestellten gesamtdeutschen Durchschnittswerten auf. Die meisten zukünftigen Absolventen, deren Karriereplanung den Start ins Berufsleben gleich nach dem Bachelor-Abschluss vorsieht, verzeichnet derzeit NRW (13,6 %). In Sachsen bildet hingegen mit nur 7,1 Prozent den niedrigsten Wert im Ländervergleich.

Den Höchstwert beim Master erreicht Bremen mit 67 %, beim Staatsexamen allerdings auch den niedrigsten Wert mit 3,6 %. Dabei ist zu beachten: 52,6 % der derzeitigen Bachelor-Studierenden, die nach ihrem Abschluss ein Masterstudium anschließen wollen, planen dieses im derzeitigen Bundesland. Für 42,5% derjenigen Studierenden, die bereits einen Bachelor-Abschluss erworben haben und sich zum Befragungszeitpunkt in einem konsekutiven Masterstudiengang befanden, gilt: Sie haben ihren Bachelor im gleichen Bundesland erworben, in dem sie derzeit studieren. Es zeigt sich demnach, dass die tatsächliche Wechselhäufigkeit mit 57,5 Prozent recht hoch ist.

Studitemps-Fazit: Die schrittweise Umstellung auf das Bachelor-Master-System, die 1999 mit dem Beschluss zur Bologna-Reform begann, gilt mittlerweile als weitgehend umgesetzt. Vertrauen im Bachelor als höchsten akademischen Abschluss haben jedoch die wenigsten Studenten. Der Master ist größtenteils das Ziel. Zudem beklagen 30% der Unternehmen zu geringe Anwendungsorientierung beim Berufsstart von Absolventen. Dabei kann gerade auf Unternehmensseite etwas unternommen werden. Indem man sie früh bindet, können Studenten bis zu 20 Std./Woche neben dem Studium arbeiten und wertvolle Erfahrungen für die Praxis sammeln. So stellt das Unternehmen eine finanzielle Stütze für die Studenten dar, auf dem Weg zu ihrem angestrebten Abschluss, während sich Unternehmen auf motivierte, tatkräftige studentische Mitarbeiter verlassen können.

Die hier aufgeführten Zahlen beruhen auf der Befragung von rund 41.000 Studierenden, die an der 7. und 8. bundesweiten Erhebung zur Studienreihe „Fachkraft 2020“ teilgenommen haben. Die Befragungen werden seit 2012 zweimal pro Jahr in wissenschaftlicher Kooperation zwischen Studitemps, Constata und dem Department of Labour Economics der Maastricht University durchgeführt.

Michael Scharsig
Über den/die Autor*in

Michael Scharsig

Mein Name ist Michael, ich habe früher für jobvalley gearbeitet und Artikel für das Jobmensa Magazin verfasst. 2013 habe ich mein JPR-Studium (Journalismus/Public Relations) abgeschlossen. Parallel dazu war ich rund zwei Jahre als Online-Fußballredakteur in NRW unterwegs und bin anschließend für drei Monate nach London gegangen. Dort lernte ich dann Marketing und Instagram näher kennen. In meiner letzten Station hatte ich als PR-Volontär mit Social Media und Blogger Relations zu tun. Privat bin ich außerdem Filmblogger und habe 2014 eine Rock-am-Ring-Facebook-Seite betreut, die sich dafür einsetzte, dass Festival in meine Heimat zu holen. Hat nicht geklappt, aber Spaß hat's gemacht.

Teile diesen Artikel