Michael Scharsig

Traumziel Medienbranche: Irgendwas mit Öffentlich-Rechtlich

Michael Scharsig
Michael Scharsig
veröffentlicht am 30.7.2015

Das Medien- und Verlagswesen steht im Mittelpunkt unseres dritten Artikels zur Serie „Studentische Zielbranchen“. Dabei zeigt sich: Nicht die Unternehmensberatung, nicht der Automobilbau, weder Bankwesen noch Tourismus stehen in der beruflichen Gunst der Studierenden ganz oben – sondern einzig und alleine Medien und Verlage. Und zwar mit Abstand, wie aus einer aktuellen Analyse zur Studienreihe „Fachkraft 2020“ hervorgeht.

Mag sein, dass die Phrase „Irgendwas mit Medien!“ im normalen Sprachgebrauch eher als Ausdruck vorberuflicher Ziellosigkeit herhalten muss. Auch mag sein, dass viele Medien- und Verlagshäuser in Deutschland nicht die allerbesten Jahre hinter sich haben. Im Kern aber scheint die Branche nichts von ihrer beruflichen Anziehungskraft auf angehende Hochschulabsolventen verloren zu haben. Ganz im Gegenteil, denn im bundesweiten Ranking der Studienreihe „Fachkraft 2020“ belegt das Metier klar den ersten Platz.

17,1 Prozent der etwa 20.000 Befragten aus allen Fachrichtungen gaben das Medien- und Verlagswesen als berufliche Zielbranche an. Rang 2 bleibt mit 12,5 Prozent der Automobilbranche vorbehalten. Alle übrigen 22 Wirtschaftsbereiche, die untersucht wurden, müssen sich mit einstelligen Werten begnügen, woraus sich für die kommenden Jahre ein zum Teil deutlich eingeschränktes Fachkräftepotenzial ableiten lässt. Beispiel Telekommunikationsbranche, wo sich das berufliche Interesse auf gerade einmal 0,7 Prozent kumuliert.

Die vorliegenden Ergebnisse resultieren aus der 6. bundesweiten Erhebung zur Studienreihe „Fachkraft 2020“, die im März 2015 in wissenschaftlicher Kooperation zwischen Studitemps und dem Department of Labour Economics der Maastricht University durchgeführt wurde.

Die Top-5-Arbeitgeber im Medien- und Verlagswesen

Die Liste der Top-5-Wunscharbeitgeber im Medien- und Verlagswesen zeigt, dass vor allem die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten ARD (Gesamtrang 1) und ZDF (Gesamtrang 3) bei Studierenden hoch im Kurs stehen. Auf Platz 2 rangiert die privatwirtschaftliche ProSiebenSat.1 Media SE. Die Plätze 4 und 5 gehen an die Axel Springer SE und das Verlagshaus Cornelsen.

Der prozentuale Vergleich: Für die erstgenannte ARD votierten etwas über 15 Prozent aller Befragten, die sich beruflich für die Medien- und Verlagsbranche interessieren. Bei letztgenanntem Cornelsen-Verlag sind es (immerhin) 6,3 Prozent. Für weitere 23 Medien- und Verlagshäuser in Deutschland liegen Daten vor, dargestellt am Ende dieses Artikels.

Beliebteste Arbeitgeber im Medien- und Verlagsbereich

Beliebteste Arbeitgeber in der Medien- und Verlagsbranche

Branchenvergleich: Warum nur sind Berufe im Medienbereich so beliebt?

Die Suche nach den Gründen für das außerordentliche berufliche Interesse der Studierenden am Medien- und Verlagsbereich hinterlässt eine Reihe von Fragezeichen. So scheint das Gehalt keine Triebfeder auf dem Weg in die Branche zu sein, was sich aus dem angegebenen durchschnittlichen Wunschlohn von knapp über 32.600 Euro (brutto) ableiten lässt.

Heißt: Lediglich im Messewesen wird von studentischer Seite ein geringerer Einstiegslohn als angemessen und wünschenswert angesehen. Heißt auch: Der Abstand nach oben zur diesbezüglich erstplatzierten Branche der Wirtschafts- und Steuerprüfung (46.859 €) ist im Medien- und Verlagsbereich gewaltig – exakt handelt es sich um eine Lohndifferenz von rund 30 Prozent.

Doch auch in anderen Kategorien vermag der Medien- und Verlagsbereich nur bedingt zu punkten. Beispiel „erwartete Jobzufriedenheit“: Hier erreicht die Branche lediglich 6,83 von maximal 10 Punkten, was erneut einem Platz im hinteren Bereich des Rankings gleichkommt. Noch gravierender fällt das Ergebnis mit Blick auf die studentische Sorge vor post-gradueller Arbeitslosigkeit aus.

Hiervon bedroht sehen sich 44 Prozent aller Interessenten für das Medien- und Verlagswesen, was den letzten Platz des Branchenrankings bedeutet. Zum Vergleich: Im Anlagen- und Maschinenbau (Platz 1) ist die Sorge vor Joblosigkeit mit einem Wert von 21 Prozent weniger als halb so stark ausgeprägt. Dass auch innerhalb der Top-5-Arbeitgeber der Medienbranche in einigen dieser Kategorien erhebliche Abweichungen vorliegen, verdeutlicht indes die nachfolgende Tabelle.

Detailanalyse der beliebtesten Arbeitgeber im Medien- und Verlagsbereich

Überdurchschnittlich viele Interessenten wollen nach dem Bachelor einsteigen

Zudem verdeutlicht die Datenlage, dass – ähnlich der Startup-Branche – gute bis sehr gute Leistungen im Studium nicht in hohen Gehaltsforderungen münden müssen. So wird der aktuelle Notenschnitt der Medien- und Verlags-Interessenten mit 2,1 angegeben, was einen sehr guten Platz 2 im Branchenranking bedeutet. Grund für diesen offenkundigen Widerspruch zwischen Studienleistung und Gehaltsanspruch wird im Medien- und Verlagswesen sein, dass die meisten angehenden Bewerber aus den Fachbereichen der (1) Sozial- und Geisteswissenschaften, der (2) Sprach- und Kulturwissenschaften und (3) der Medien und Kommunikationswissenschaften kommen.

Jenen Studienbereichen also, die in Gehaltsfragen im Vergleich zu ingenieurwissenschaftlichen oder beispielsweise betriebs-/volkswirtschaftlichen Fachbereichen (beinahe traditionell) etwas defensiver daherkommen. Auch dürfte zum geringen Gehaltsanspruch im Medien- und Verlagswesen beitragen, dass hier mit 13 Prozent überdurchschnittlich viele Bachelor-Absolventen ohne weiteren Abschluss in den Beruf einsteigen wollen.

Schwer angesagt, aber widersprüchlich in der Analyse – so in etwa müsste bis zu diesem Punkt das Fazit zur beruflichen Beliebtheit des Medien- und Verlagswesens lauten. Mehr Klarheit verschafft jedoch der abschließende Blick auf übereinstimmende Persönlichkeitsmerkmale der Interessenten. Denn hier zeigt sich, dass gerade die Ausprägung im Bereich der Kategorie „Offenheit“ (für Neues) extrem positiv ist. In keiner anderen Branche ist dieses Merkmal stärker ausgeprägt.

Und auch sonst können potenzielle Bewerber des Bereichs Medien und Verlag auf starke Ausprägungen verweisen, hier jedoch eher im negativen Sinne. So konnten branchenübergreifend für die Merkmale „Gewissenhaftigkeit“ und „Emotionale Stabilität“ – jeweils – die schlechtesten Werte ermittelt werden, was in der nachfolgenden Darstellung neben allen anderen Ausprägungen, die erfasst wurden, zum Ausdruck kommt.

Fazit von Studitemps:

Das muss man erst mal hinkriegen: Da schafft es die Medienbranche, im Gesamtranking aller untersuchten Berufsfelder klar Platz 1 zu belegen – und kann doch in vielen Kategorien der Detailanalyse schwerlich überzeugen. Im Klartext: geringe Gehaltserwartung, hohe Sorge vor Arbeitslosigkeit, geringe Aussicht auf berufliche Zufriedenheit.

Warum also dieses überragende studentische Interesse an einer Branche, von der man laut Datenlage nicht viel Gutes zu erwarten hat? Vielleicht kommt in dem Votum zum Ausdruck, wofür berufliches Streben eben auch noch stehen kann (und sollte): für Inhalt nämlich, für Identifikation und Spannung – und dafür, dass zugunsten solcher Aspekte unterdurchschnittliches Potenzial bei anderen Punkten wie Jobsicherheit oder Gehalt hinnehmbar sein kann. Man könnte auch sagen, dass eine gute Portion Idealismus mitzuschwingen scheint, wenn sich Studierende in der heutigen Zeit beruflich für das Medien- und Verlagswesen entscheiden.

Michael Scharsig
Über den/die Autor*in

Michael Scharsig

Mein Name ist Michael, ich habe früher für jobvalley gearbeitet und Artikel für das Jobmensa Magazin verfasst. 2013 habe ich mein JPR-Studium (Journalismus/Public Relations) abgeschlossen. Parallel dazu war ich rund zwei Jahre als Online-Fußballredakteur in NRW unterwegs und bin anschließend für drei Monate nach London gegangen. Dort lernte ich dann Marketing und Instagram näher kennen. In meiner letzten Station hatte ich als PR-Volontär mit Social Media und Blogger Relations zu tun. Privat bin ich außerdem Filmblogger und habe 2014 eine Rock-am-Ring-Facebook-Seite betreut, die sich dafür einsetzte, dass Festival in meine Heimat zu holen. Hat nicht geklappt, aber Spaß hat's gemacht.

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