Arnd Visarius

Trotz steigender Mietkosten: Studierende müssen weniger Stunden für ihre Miete arbeiten

Arnd Visarius
Arnd Visarius
veröffentlicht am 4.9.2019

Kurz vor Semesterstart sind viele Studienanfänger auf Wohnungssuche ‒ wegen des unzureichenden Angebots an Wohnheimplätzen muss ein Großteil von ihnen auf den regulären Wohnungsmarkt zurückgreifen. Das Interessante: Die Mieten steigen, zugleich leisten Studenten weniger Arbeitsstunden für ihre Miete. Wir informieren. 

Köln, 4. September 2019: Erstsemester oder Ortswechsler: Wer ins günstige Wohnheim ziehen möchte, findet sich meist auf einer Warteliste wieder. Denn: Die Anzahl der Plätze für das Wintersemester 2019/2010 ist unverändert knapp. Bei Tausenden Mietgesuchen ist klar, dass nur wenige von Erfolg gekrönt sein werden.

„Wer keinen Platz vom Studentenwerk zugeschrieben bekommt, muss allein auf Wohnungssuche gehen. Das ist eine der größten Herausforderungen für angehende Studierende.” – Eckhard Köhn, CEO von Studitemps

Ein großer Teil der Interessenten verlagert seine Suche demnach auf den ohnehin vielerorts angespannten regulären Wohnungsmarkt. Was sind die Auswirkungen?

Fachkraft 2030: Ergebnisse der Befragung zum Wintersemester 18/19

In unserer Studie „Fachkraft 2030” analysieren wir in Zusammenarbeit mit der Maastricht University bereits seit 2014 schwerpunktmäßig das studentische Wohnen. Im Zuge der Untersuchung zum Wintersemester 2018/2019 wurden im vergangenen März über 22.000 Personen aus ganz Deutschland befragt. Ein Ergebnis: Die Mieten steigen im Allgemeinen stark; eine Entwicklung, welche die Gruppe der Studenten mit ihren vergleichsweise geringen finanziellen Mitteln besonders betrifft.

Warmmiete wird teurer: Zeitraum 2013-2019 detailliert betrachtet 

Im Zeitraum von 2013 bis 2019 hat sich das studentische Wohnen signifikant verteuert: Ausgehend von einem Warm-Quadratmeterpreis von durchschnittlich 13,35 Euro (WS 2013/2014) kletterte das Niveau kontinuierlich bis auf 15,47 Euro zum Wintersemester 2018/2019, unterbrochen lediglich durch eine leichte Delle in 2014/2015. Der durchschnittliche Warm-Quadratmeterpreis liegt demnach ganze 2,12 Euro über dem Wert zu Erhebungsbeginn – eine Steigerung von ca. 16 Prozent.

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Bevölkerungsreichste Städte: Tabellenführer München – Aufsteiger Berlin

Neben der bundesweit steigenden Tendenz ist es keine Überraschung, dass München bei der durchschnittlichen Warmmiete der bevölkerungsreichsten Städte den Spitzenplatz belegt, gefolgt von Hamburg und Frankfurt. Günstiges Wohnen an der Spree ist indes passé, denn Berlin entpuppt sich als Mietpreis-Aufsteiger. Die Bundeshauptstadt liegt mit 16,53 Euro erstmals vor dem rheinischen Uni-Hotspot Köln und ist rund 31 Prozent teurer als 2014. Die Differenz zu den Top 3 bleibt jedoch deutlich. Köln hingegen präsentiert sich mit 15,88 Euro Warm-Quadratmeterpreis als die günstigste der fünf bevölkerungsreichsten deutschen Städte.

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Generell starke regionale Abweichungen – Westen teurer als Osten 

Abgesehen von Berlin beinhaltet die Rangliste der 49 teuersten Hochschulstädte auf den ersten 34 Positionen ausnahmslos Standorte aus den alten Bundesländern. Umgekehrt liegen die drei insgesamt günstigsten Hochschulstädte bundesweit allesamt in den neuen Bundesländern. Das Gefälle ist teils sehr steil – besonders groß ist die Differenz zwischen Gesamt-Spitzenreiter Konstanz (20,12 €/qm) und Schlusslicht Halle an der Saale (Platz 49 mit 11,26 €/qm) – ein Unterschied von 80 Prozent.

Durchschnittlicher Quadratmeterpreis (warm) in ausgewählten Städten* (WS 2018/19)

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Gesamtmietpreis: Ranking der teuersten und günstigsten Städte bundesweit

Bei der absoluten monatlichen Mietbelastung ergibt sich ein ähnlich geartetes Bild: Die kostengünstigsten Standorte befinden sich im Osten. Es handelt sich um Leipzig (324,08 €), Dresden (323,25 €), Halle/Saale (318,06 €), Erfurt (306,40 €) – sowie Jena, das mit 296,24 Euro allein die Marke von 300 Euro unterbietet. Vom oberen Ende der Skala grüßt München, gefolgt von Hamburg, Frankfurt und Wiesbaden. Berlin rangiert als einzige Stadt aus dem Osten der Bundesrepublik auf Position 5; Potsdam belegt Platz 16. Der Unterschied von 62 Prozent zwischen München auf Platz 1 und Jena auf Platz 49 ist beachtlich, wenngleich nicht ganz so eklatant wie beim Preis pro Quadratmeter.

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Löhne für Studenten ebenfalls gestiegen: Gehalt und Mietbelastungsindex

Positiv zu verzeichnen ist die ebenfalls gestiegene Entlohnung. Im Durchschnitt erhalten Studierende pro Stunde etwa 22 Prozent mehr als 2014: 11,29 Euro statt 9,23 Euro. Die Mieten sind im selben Zeitraum im Schnitt „nur" um 16 % gestiegen. Studenten müssen im Vergleich zu 2014 demzufolge weniger für ihre Miete arbeiten. 

Der Blick auf den Mietbelastungsindex zeigt, wie viele Stunden Studierende durchschnittlich im Monat arbeiten müssen, um für ihre Wohnkosten aufzukommen. Bei der Betrachtung der mittleren regionalen Stundenlöhne für Studenten im Vergleich zur durchschnittlichen Monats-Warmmiete in ihrem Wohnort treten teils deutliche Unterschiede zutage. Überraschenderweise weist nicht die Stadt mit den teuersten Quadratmeterpreisen, München, den höchsten Mietbelastungsindex auf, sondern Wiesbaden. Grund dafür: der geringere dortige Stundenlohn.

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Aufschluss über einen starken Pull-Faktor gibt ebenfalls der Mietbelastungsindex. Studierenden, die regional bedingt ca. zehn Stunden pro Monat weniger arbeiten müssen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, bleibt größerer Raum für die akademische Ausbildung oder schlicht mehr Freizeit. Dies macht Städte wie Erfurt, Jena und Leipzig, aber auch Gießen und Augsburg für Studenten sehr attraktiv.

WG ade: Großstadtstudenten pendeln oder leben in der eigenen Wohnung

Hochschüler können traditionell aus einer großen Vielfalt von Wohnformen wählen. Das Zimmer im Studentenwohnheim oder in der WG ist im studentischen Wohnkanon fest verankert, ebenso wie die Weiternutzung des Kinderzimmers im Elternhaus.

Im Wintersemester 2018/2019 ist die WG bundesweit mit 29,7 Prozent bei den studentischen Wohnformen auch nach wie vor Favorit, eng gefolgt von der eigenen Wohnung (26,4 %) und dem Wohnen bei den Eltern/Verwandten (24,5 %). Im Studentenwohnheim leben 15,5 Prozent; lediglich 3,9 Prozent sind Untermieter.

Anders präsentiert sich die Situation an den fünf bevölkerungsreichsten Hochschulstandorten 

In Frankfurt am Main leben 37,2 Prozent der Studierenden im Elternhaus oder bei Verwandten; in Berlin sind es dagegen „nur" 26,7 Prozent. Ein gegenteiliges Bild zeigt sich bei „Eigene Wohnung“ und „Wohngemeinschaft“: Berlin führt die Rangliste der fünf Metropolen mit 27,6 Prozent bzw. 26,3 Prozent an, Frankfurt/Main belegt Platz 5 mit 23,2 Prozent respektive 20,5 Prozent.

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Rares Gut: große städtische Mehrzimmerwohnungen mit WG-Eignung

Ein zusätzlicher Grund für den geringeren Anteil an Studenten, die in einer WG leben, ist das unzureichende Angebot geeigneter Wohnungen. Hier schlägt der stark umkämpfte großstädtische Immobilienmarkt auf das studentische Wohnen durch.

Studitemps-CEO Eckhard Köhn: „Große Wohnungen mit 3 oder 4 Zimmern, also solche, die als WG geeignet wären, sind in den Großstädten, denke ich, seltener und umkämpft. Immer mehr junge Menschen leben auch nach ihrer Studienzeit, wenn sie bereits arbeiten, weiter in einer WG. Diese WGs bzw. Wohnungen fehlen auf dem Markt dann für neue Studierende. Außerdem geht die Geburtenrate derzeit nach oben ‒ heißt es gibt mehr junge Familien, die ebenfalls an solchen Wohnungen interessiert sind. Wahrscheinlich haben sie auch eine höhere Chance diese von den Vermietern zugesagt zu bekommen."

Wohnraum in Großstädten ist also Mangelware ‒ ein Problem, das zum Beispiel auch das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in einer aktuellen Pressemitteilung thematisiert.

Flächenverkleinerung als Reaktion auf steigende Mieten ‒ probates Mittel?

Bundesweit hat sich der von Studenten genutzte Wohnraum über den Zeitraum von 2014 bis 2019 statistisch betrachtet zwar verkleinert, jedoch nur in sehr geringem Maße. Im Schnitt 29,3 Quadratmetern (2014) stehen 28,9 Quadratmeter (2019) gegenüber. Ein Gegentrend zeigt sich in Köln: Dort stieg die genutzte Fläche sogar um 6 Prozent an ‒ von durchschnittlich 27,8 auf 29,6 Quadratmeter zwischen 2014 und 2019.

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Weniger genutzter studentischer Wohnraum in Berlin, Hamburg und Frankfurt

Eine deutliche Verringerung der studentischen Wohnflächen zeigt sich in Berlin. Die Spreemetropole, stark verteuert bei den Mietpreisen, verzeichnet eine Reduzierung um 6 Prozent. Aus zunächst 31,8 Quadratmetern wurden zuletzt 29,8. Auch in Hamburg (-5 %) sowie Frankfurt/Main (-3 %). München liegt mit einer Abnahme von ca. einem Prozent genau im Bundesdurchschnitt.

Studitemps Fazit: 

Es bleibt also festzuhalten, dass sich Mietsteigerungen kaum durch kleinere Wohnungen oder Zimmer ausgleichen lassen. Denn: Im Schnitt verkleinert sich die von Studenten bewohnte Fläche um lediglich 1,4 Prozent – bei einer Mietsteigerung von durchschnittlich 16 %.

Die Studierenden in Deutschland haben den steigenden Mietpreisen nur sehr bedingt etwas entgegenzusetzen. Zwar ist es theoretisch möglich, sich bei Art und Quadratmeteranzahl der Unterkunft einzuschränken ‒ vielerorts diktiert jedoch ein hart umkämpfter Wohnungsmarkt die Bedingungen. Zudem ist der Faktor Zeit insbesondere zu Semesterbeginn nicht zu unterschätzen. Hier ist die Politik dringend in der Pflicht, zu handeln: mit finanzieller Förderung, sozialem Wohnungsbau sowie insbesondere der Schaffung von Wohnheimplätzen.

Ein Lichtblick ist dagegen das gestiegene Lohnniveau, denn Hochschüler arbeiten heutzutage weniger Stunden für ihre Miete als noch vor wenigen Jahren. Vor diesem Hintergrund ist es entscheidend, weiterhin dauerhaft, schnell und einfach Angebote für Studentenjobs in angemessener Zahl bereitzustellen. Mit unseren Plattformen Jobmensa.de und Jobeinstieg.de leisten wir unseren Beitrag und bieten sowohl Studierenden als auch Absolventen und Young Professionals attraktive Chancen.

Arnd Visarius
Über den/die Autor*in

Arnd Visarius

Da ich schon immer mit Begeisterung geschrieben habe, kostete es nicht viel Überwindung, aus dem Studium ins frische Wasser der Onlineredaktion zu springen, als sich die Gelegenheit bot. Nach Stationen in Dortmund, Witten, Köln (andere Rheinseite) und North Miami Beach bin ich seit Sommer 2019 als Content Manager bei jobvalley an Bord.

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