Laut Expertenmeinungen steht die Versicherungsbranche nicht nur kundenseitig, sondern auch intern – im Mitarbeiterbereich also – vor enormen demografischen Herausforderungen: Drohkulisse Fachkräftemangel. Umso problematischer mutet an, dass sich laut einer aktuellen Erhebung zur Studienreihe „Fachkraft 2020“ nur die allerwenigsten Studenten in Deutschland für eine berufliche Zukunft in der Branche interessieren. Konkret: Im Branchenranking der Studie landet das Versicherungswesen auf dem 23. und vorletzten Platz.
Die Frage nach der beruflichen Zielbranche beantwortete lediglich 1 Prozent der bundesweit 20.000 Studenten umfassenden Stichprobe mit der Option „Versicherungswesen“. Platz 23 im aktuellen Branchenvergleich der Studienreihe „Fachkraft 2020“ bedeutet de facto: Riesenabstand zu Branchenprimus Medien- und Verlagswesen (17,1 %) – und lediglich eine Nuance besser als Schlusslicht Telekommunikationsbereich (0,7 %). Doch wie kommt dieses für das renommierte Versicherungswesen überraschende wie beunruhigende Stimmungsbild zustande? Warum das geringe studentische Interesse an der Branche?
Ein Grund hierfür dürfte sein, dass ausgerechnet den Versicherungsbereich viele Befragte zunächst mit beruflicher Unsicherheit in Verbindung bringen. Ein anderer (womöglich), dass sich gerade junge Studenten den beruflichen Sprung ins Versicherungsmetier nicht zuzutrauen scheinen. „Fachkraft 2020“ ist eine halbjährlich in Kooperation zwischen Studitemps und dem Department of Labour Economics der Maastricht University durchgeführte Studienreihe zu zentralen studentischen Fragestellungen wie Studienzufriedenheit, Wohnsituation, Job und Karriere.
Am liebsten zur Allianz: Die Top-5-Arbeitgeber in der Versicherungsbranche
Den vorliegenden Daten zufolge zieht es fast ein Drittel aller Studierenden mit Berufsziel „Versicherung“ zur Allianz mit Sitz in München (31,0 %). Auf Platz zwei folgt mit großem Abstand der französische AXA-Konzern (8,7 %), gefolgt vom ADAC (7,8 %). Die Ränge vier und fünf gehen mit 7,6 Prozent bzw. 6,0 Prozent an HUK Coburg und das Schweizer Versicherungsunternehmen Zurich. Weitere Platzierungen können der nachfolgenden Darstellung entnommen werden.
Tabelle: Beliebteste Arbeitgeber im Versicherungsbereich
Branchenvergleich: Gut ausgebildet – und trotzdem in Sorge vor Arbeitslosigkeit
Zunächst die Altersfrage: Aus dem akademischen Bereich wollen sich nur wenige Absolventen mit dem Bachelor in der Tasche in der Versicherungsbranche bewerben (9 %). Gerade in dieser jüngsten studentischen Zielgruppe haben Interessenten anderer Branchen weitaus mehr Zutrauen. Beispiel Tourismus, wo der Anteil an Bewerbern mit Bachelor-Abschluss etwa doppelt so hoch ausfallen dürfte.
Dann die Sicherheitsfrage: 31 Prozent aller Studenten, die es in die Versicherungswirtschaft zieht, gaben an, Sorge vor (anfänglicher) Arbeitslosigkeit zu haben – lediglich Platz 17 im Branchenvergleich. Und auch mit Blick auf die antizipierte Jobzufriedenheit (Platz 13) oder das Vorhandensein von vorberuflicher Arbeitserfahrung (durch Studentenjobs) weiß das Versicherungswesen mit anteilig 23 Prozent der Befragten nur bedingt zu überzeugen (Platz 10). Bleibt die Frage nach dem Einstiegsgehalt, wo Studenten mit Zielrichtung Versicherung mit etwa 41.800 Euro brutto pro Jahr rechnen würden. Dies entspricht Platz 9 im Branchenranking, finanziell gesehen rund 11 Prozent hinter dem diesbezüglich erstplatzierten Bereich der Steuer- und Wirtschaftsprüfung (46.900 €).
Zur Persönlichkeit: Gewissenhafter sind nur noch die Steuerberater
Studierende mit dem Wunsch nach einer Karriere in der Versicherungsbranche zeichnen sich durch ein außergewöhnlich hohes Maß an Gewissenhaftigkeit aus, welches nur bei Aspiranten für die Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsbranche stärker ausgeprägt ist. Zudem sind sie tendenziell verträglicher als der Durchschnitt. Hinsichtlich Extraversion, emotionaler Stabilität sowie Offenheit lassen sich keine nennenswerten Besonderheiten erkennen.
Fazit von Studitemps: Für die Versicherungsbranche scheint sich ein ernsthaftes Nachwuchsproblem abzuzeichnen – jedenfalls den akademischen Personalmarkt betreffend. Einerseits, weil sich aktuell nur sehr wenige Studenten für die Branche zu interessieren scheinen. Andererseits, weil auch grundsätzlich interessierte Absolventen in spe tendenziell mittelmäßige Rahmenbedingungen erwarten. Klarer könnte der Handlungsauftrag von studentischer Seite demnach kaum lauten. Entwicklungspotenzial zeigt sich vor allem in der frühzeitigen Bindung von Fachkräftenachwuchs. Heißt: Mehr Studentenjobs mit Anschlussperspektive! Mehr Fokus auf den Bachelor-Bereich!