Führt steigender Fahraufwand automatisch zu einer Verringerung von Jobattraktivität? Mithilfe der hauseigenen Studienreihe „Fachkraft 2020“ hat Studitemps diese Kernfrage der studentischen Arbeitswelt einmal genauer unter die Lupe genommen. Befragt wurden dazu bundesweit ungefähr 20.000 Studierende – zur persönlichen Pendelbereitschaft, zu finanziellen Erwartungen für längere Wegstrecken. Herausgekommen sind folgende Befunde...
Erwartbar: Es gibt einen klaren Zusammenhang zwischen Anfahrtsdauer und Jobattraktivität.
Zeitlich: Mit jeder zusätzlichen Minute Anfahrt steigt die Stundenlohnerwartung der Studierenden um 16 Cent.
Geschlechtlich: Er verfügt über eine höhere Pendeltoleranz als Sie.
Die Pendelfrage aus der Perspektive einzelner Standorte: Analysiert wurde zunächst, in welchem Ausmaß (und Radius) sich die jobbezogene Pendelbereitschaft von Studierenden über Stadtgrenzen hinaus auswirken kann. Profiteure wären demnach Unternehmen in der urbanen Peripherie oder aber in benachbarten Städten – je nach regionaler Gegebenheit. Die nachfolgende Grafik fasst den Sachverhalt zusammen.
Es zeigt sich, dass insbesondere im Ruhrgebiet, dem Raum Düsseldorf-Köln-Bonn, dem erweiterten Rhein-Main-Gebiet und der Region Mannheim/Heidelberg erhebliche Überschneidungen zwischen zwei und mehreren Städten gegeben sind. Hierdurch scheint es für Unternehmen machbar, die Personalsuche für vakante Jobs gleich über mehrere „Studentenhochburgen“ hinweg zu erstrecken. Perfekte Rahmenbedingungen sozusagen, gerade bei größerem Mitarbeiterbedarf.
Deutlich wird aber auch, dass es abseits der genannten Regionen nur wenige Möglichkeiten gibt, vakante Jobs auch über Stadtgrenzen hinaus zu besetzen. In Bayern beispielsweise sind solche Überschneidungen lediglich im Bereich Bamberg-Erlangen-Nürnberg erkennbar, wohingegen der Raum Augsburg in Jobfragen – lagebedingt – ausschließlich auf einheimische Studierende zurückgreifen kann. Das „große“ München jedenfalls scheidet als Personalquelle nahezu aus, weil es der Befragung zufolge auch für Studierende mit hoher Pendelbereitschaft zu weit entfernt ist.
Er pendelt „lieber“ zum Job als Sie: Den vorliegenden Daten zufolge sind Studierende in Deutschland im Durchschnitt bereit, als einfache Wegstrecke zum Arbeitsort etwa 20 Kilometer zurückzulegen – vornehmlich per PKW oder ÖPNV. Dagegen nimmt die Jobattraktivität dramatisch zu, wenn als Verkehrsmittel potenziell das Fahrrad ins Spiel kommt.
Zum Vergleich: Während sich bei besagten 20 Kilometern Wegstrecke noch etwa 50 Prozent der Befragten grundsätzlich angesprochen fühlen, sind es bei 5 Kilometern bereits 95 Prozent, also fast doppelt so viele (und somit fast alle). Und der Vergleich der Geschlechter? Was die überragende Beliebtheit solch kurzer Anfahrten zum Job betrifft, konnten lediglich marginale Unterschiede zwischen Hochschülerinnen und Hochschülern festgehalten werden. Nähe zum Job zieht!
Anders dagegen das Bild, wenn es sich um längere Anfahrten zum Job handelt. Wenn sozusagen eine hohe Pendeltoleranz gefragt ist. Hier zeigt sich, dass männliche Studierende gegenüber weiblichen grundsätzlich weniger Probleme mit längeren Anfahrten zu haben scheinen. Während nämlich 5 Prozent der Hochschülerinnen bereit wären, „lediglich“ bis zu 70 Kilometer (einfach) für einen passenden Job zurückzulegen, liegt der Vergleichswert auf männlicher Seite bei stattlichen 100 Kilometern.
Veranschaulichung nach Bundesländern: Dagegen offenbart der Blick auf einzelne Bundesländer bei der Frage nach der Pendelbereitschaft keine größeren Unterschiede. Das Maximum an akzeptabler Wegstrecke können Studierende aus Brandenburg für sich verbuchen, wo die durchschnittliche Bereitschaft für eine einfache Strecke bei 30 Kilometern liegt. Die meisten anderen Regionen bewegen sich hingegen in einem Rahmen von 15 bis 20 Kilometern. Die nachfolgende Tabelle verdeutlicht die grundsätzliche Ausgewogenheit.
Substanzielle Unterschiede zeigen sich auch hier (ähnlich der geschlechtlichen Wahrnehmung) erst dort, wo hohe Pendelbereitschaft vonnöten ist. Also bei Wegstrecken, die aufgrund ihrer Länge nur noch für gut 5 Prozent der Befragten akzeptabel wären. Mit Blick auf die Flächenländer des Bundes liegt die maximal mögliche Wegstrecke dieser Gruppe mit 125 Kilometern in Brandenburg vor. Es folgen Hessen, NRW, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und das Saarland mit bis zu 100 Kilometern.
Am wenigsten “pendelfreudig” zeigen sich hingegen bayerische Studierende, wo besagte 5 Prozent der Befragten als Maximum 66 Kilometer angaben. Anders gesagt: Im prosperierenden Freistaat ist man sich sicher, den passenden Job um die Ecke zu finden. Und in den Stadtstaaten? Während 5 Prozent der Bremer Studierenden bereit wären, 125 Kilometer an einfacher Wegstrecke auf sich zu nehmen, sind es in Hamburg lediglich 60 und in Berlin 70 Kilometer. Bildlich gesprochen wären damit Bremer Studierende unter Umständen bereit, für einen Job nach Hamburg zu pendeln, wohingegen das Interesse in umgekehrter Richtung irgendwo bei Elsdorf endet.
Fazit von Studitemps: Studierende scheinen den Weg zur Arbeit in die Jobplanung klar mit einzubeziehen. Mehr noch: Sie erwarten von Arbeitgebern, dass sich jede (zusätzliche) Minute Anfahrt mit einem Plus von 16 Cent auf den Stundenlohn niederschlägt. Demnach könnte man das Stimmungsbild zunächst wie folgt übersetzen: Anfahrt nervt!
Doch was bedeutet dies konkret für die HR-Abteilungen von Unternehmen? Einleitend sicherlich, dass der Aspekt Anfahrt – gerade bei personalintensivem Bedarf – von zentraler Bedeutung für eine erfolgreiche Stellenbesetzung sein kann. (1) Stimmen beispielsweise Jobprofil und Nähe zur Uni, lassen die vorliegenden Daten nur wenig Besetzungsproblematik erkennen. (2) Erst recht, wenn es sich um eine der 4 genannten Regionen in Deutschland handelt, in denen Pendelbewegungen auch zwischen (mehreren) Städten möglich sind.
(3) Am problematischsten ist die Situation aus HR-Sicht freilich dort, wo sich studentischer Personalbedarf in die städtische Peripherie erstreckt. Doch was bietet sich an, wenn die Bewerbungen ausbleiben? Das Eine: Rauf mit dem Lohn, ganz klar! Das Andere: Wege erleichtern, durch die Organisation von Fahrgemeinschaften beispielsweise oder den Einsatz von Charterbussen. Komfort erhöhen, heißt die Devise. Studenten stehen drauf!