Betrachtet man die Topmanagement-Positionen deutscher Unternehmen, ist der Anteil weiblicher Manager*innen verschwindend gering. Gerade einmal 16,7 Prozent der DAX 40-Vorstandsmitglieder sind gegenwärtig Frauen (Stand 2021, im Jahr 2022 stieg der prozentuale Anteil laut Statista auf 21,8 Prozent), womit Deutschland im Vergleich zu den anderen Ländern der Europäischen Union (EU) im unteren Drittel rangiert. Und das, obwohl die Hälfte aller Hochschulabsolvent*innen weiblich ist und nicht weniger qualifiziert als ihre männlichen Mitstreiter.
Ärgerlich, aber wahr: Mehrheitlich müssen sich Frauen noch immer zwischen Kinderwunsch und Karriere entscheiden
Auch in den letzten zehn Jahren ist die Entwicklung hin zu mehr Chancengerechtigkeit nur sehr schleppend vorangekommen. Bis zum Erreichen von Geschlechterparität in deutschen Vorständen wird es laut einer BCG-Studie aus dem Jahr 2020 noch über 30 Jahre dauern, wenn das aktuelle Tempo beibehalten wird. Hierfür gibt es viele Gründe wie beispielsweise die noch immer existierenden männlichen Machtstrukturen, tradierte Rollenbilder oder auch Frauen, die sich bewusst gegen eine Karriere entscheiden.
So setzen sich laut der vorliegenden Studie aus der Fachkraft 2030-Reihe lediglich 26 Prozent der weiblichen Studierenden ausdrücklich das Ziel, eine Führungsposition zu erreichen. Bei Männern liegt der Wert hingegen bei 41 Prozent. Hinzu kommt: Der aktuell in Deutschland bei 18 Prozent liegende Gender Pay Gap zeigt sich auch im Umfrageergebnis der männlichen Studierenden, die langfristig bei gleicher Ausbildung und Zielbranche etwa 20 Prozent mehr Gehalt erwarten als ihre Kolleginnen. Darüber hinaus befürchten knapp 80 Prozent der weiblichen Studierenden, dass die Inanspruchnahme von Elternzeit einen negativen Einfluss auf ihre Karriere haben könnte.
Damit stehen sie vor der individuell wahrgenommenen Hürde, sich auch im Jahr 2023 noch zwischen Kind und Karriere entscheiden zu müssen. Als eine Konsequenz hieraus bewerben sich Frauen zum Teil erst gar nicht auf Managementpositionen.
Diversität und Chancengerechtigkeit auf bei Studierenden noch keine Selbstverständlichkeit
Insgesamt zeigen die Ergebnisse der vorliegenden Umfrage eindrücklich, dass Diversität und Chancengerechtigkeit auch in der Wahrnehmung der Studierenden-Generation noch keine Selbstverständlichkeit sind. Umso wichtiger ist daher, dass junge Frauen, die sich bewusst für eine Topmanagement-Karriere entscheiden, frühzeitig anfangen, sich zu vernetzen und hilfreiche Kontakte zu knüpfen. Das stärkt nicht nur das eigene Selbstbewusstsein, sondern hilft auch beim Erklimmen der Karriereleitern. Denn oft ist es nicht die mangelnde Qualifikation, die das Erreichen der gewünschten Positionen erschwert, sondern nicht vorhandener Zugang – oder fehlende Sichtbarkeit. Ebenfalls sehr hilfreich in der Karrierebegleitung ist das Mentoring. Hierbei stehen erfahrene Managerinnen Berufseinsteigerinnen mit konkreten Tipps und persönlichem Rat zur Seite. Gemeinsam können so Hürden überwunden und Herausforderungen bei der beruflichen Entwicklung gemeistert werden.
Geschlecht, sexuelle Orientierung, kultureller Hintergrund: Die studentische Furcht vor beruflichen Nachteilen ist erschreckend groß
Der Status der Chancengerechtigkeit in der deutschen Wirtschaft kann allerdings nur dann umfassend bewertet werden, wenn neben der Geschlechterdiversität noch weitere Dimensionen wie etwa Alter, Herkunft, sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität in die Betrachtung mit einbezogen werden.
Geradezu erschreckend ist diesbezüglich die in einer der letzten Fachkraft-Umfragen von vielen Studierenden geäußerte Sorge, berufliche Nachteile aufgrund von Geschlecht (70,0 %), kultureller Herkunft (69,5 %) oder sexueller Orientierung (36 %) erleiden zu müssen. Diese Einschätzung ist auch vor dem Hintergrund des sich intensivierenden Arbeitskräftemangels fatal. Der Veränderungsdruck auf Unternehmen steigt aber nicht nur durch Berufseinsteiger*innen und weitere Stakeholder*innen, die mehr Diversität und Chancengerechtigkeit einfordern, sondern auch durch zahlreiche Studien, die belegen, dass divers aufgestellte Teams zu einer verbesserten wirtschaftlichen Performance und gesteigerter Innovationskraft beitragen.
Unternehmen müssen ihren Diversitätstransformationsprozess anstoßen und nachhaltig verfolgen
Das fängt an bei der umfassenden Erhebung des Status quo der Diversität, dem Setzen ambitionierter Diversitätsziele und der Bereitstellung erfolgskritischer Ressourcen finanzieller sowie personeller Art. Für den angestrebten Wandel sollten Unternehmen jetzt aktiv werden, um langfristig die wirtschaftlichen Vorteile von Diversität und Chancengerechtigkeit ausschöpfen zu können. Hierbei können zeitlich limitierte Gesetzesregelungen wie die Frauenquote, die von der Mehrheit der befragten Studierenden ebenfalls befürwortet wird, hilfreich sein und den notwendigen Impuls zur Veränderung setzen.