Julia Menke

Frauenquote und Elternzeit: Chancengleichheit oder Karrierekiller?

Julia Menke
Julia Menke
veröffentlicht am 1.3.2023

Chancengleichheit und Gleichberechtigung für Frauen in Gesellschaft, Kultur, Politik und Wirtschaft wird hinsichtlich der Frauenquote schon aktiv seit den 1980er Jahren gefordert. In der Theorie ein erstrebenswertes Ziel, in der Praxis jedoch nach wie vor ein kontrovers diskutiertes Thema und dazu holprig in der Umsetzung. Auch hinsichtlich der Elternzeit befürchten, vor allem Frauen ein unruhiges Pflaster auf ihrem Karriereweg, zumindest nach Inanspruchnahme.

Wie kann es sein, dass gesetzliche Vorgaben und rechtliche Ansprüche, die ins Leben gerufen wurden, um geschlechtlicher Diskriminierung entgegenzuwirken, letztlich Angst vor negativen Auswirkungen schüren und für Genderdiskussionen sorgen? Zusammen mit der Maastricht University haben wir dies zum Anlass genommen, ein Stimmungsbild unter Studierenden zum Thema „verbindliche Frauenquote” sowie „Elternzeit und Beruf” einzuholen. Diese Sonderauswertung stammt aus der 18. Runde der Fachkraft 2030 Reihe. Befragt wurden dabei rund 12.000 Studient*innen deutschlandweit im März und April 2021. Zunächst aber werfen wir einen Blick auf den Status quo.

Was hat die Frauenquote überhaupt in der Privatwirtschaft für eine Bedeutung?

Aktuell liegt der weibliche Anteil in Unternehmen, die unter die Quotenregelung fallen bei 34,7 Prozent – im Vergleich, 2015 lag er bei lediglich 25 Prozent. In Aufsichtsräten ohne dieser Regelung liegt der Frauenanteil bei nur 19,9 Prozent. Auch ist auffällig, dass der Frauenanteil an Führungspositionen in den mehr als 100 Unternehmen, die unter die feste Geschlechterquote für die Aufsichtsräte fallen, deutlich schneller und höher gestiegen ist, als in den Unternehmen, die sich nur freiwillige Zielgrößen setzen müssen. Gesetzesvorlagen, so das vermeintliche Ergebnis, bringen also mehr Fortschritt, denn freiwillige Umsetzungen aufgrund gemeinsamen Konsens. Doch besteht die „Angst vor der Quote" auf männlicher Seite?

Ich befürworte und unterstütze das Konzept der Frauenquote, denn es widerspricht meinen grundsätzlich Werten, dass Menschen aufgrund ihres Geschlechts oder eines anderen Kriteriums diskriminiert werden oder sie nicht die gleichen Chance erfahren.
Mir persönlich ist dabei besonders wichtig, dass wir als Gesellschaft neben der Geschlechterquote für Aufsichtsräte und dem Führungspositionengesetz vor allem eine Veränderung der Denkweise anstoßen und diese durch unsere Teilhabe am gesellschaftlcihem Leben stärker einbringen.

– Sascha Jan B. (Product Owner bei jobvalley)

Mich stimmt die Entwicklung aus den vergangenen Jahren, die auch durch den Generationenwechsel in Entscheider*innenpositionen, aber auch gesellschaftlich getrieben wird, positiv. Neue Herausforderungen brauchen neue Lösungen, ohne einen diversen Ansatz werden viele Unternehmen diese Lösungen nicht finden, dazu gehören auf jeden Fall mehr Frauen in Führungspositionen! Ich selbst achte in der Führung darauf, dass wir Diversität kulturell leben und keine Quoten brauchen, um uns selbst zu kontrollieren.

– Alexander a N. (Revenue Officer bei jobvalley)

Frauen sind im Top-Management, sprich Vorstand und Aufsichtsräte der deutschen Wirtschaft weiterhin deutlich unterrepräsentiert. Am 25. Juni 2021 stimmte der Bundesrat dem zweiten Führungspositionengesetz zu. Frauen müssen daher bei der Besetzung von Managementpositionen in großen Unternehmen stärker berücksichtigt werden (gilt für börsennotierte und paritätisch mitbestimmte Unternehmen mit mehr als 2.000 Beschäftigten, deren Vorstand aus mehr als 3 Mitgliedern besteht). 

„Ich glaube wir erzielen keinen Fortschritt durch eine festgesetzte Quote, sondern eher durch Veränderung im Mindset. Dennoch ist die Quote ein wichtiger erster Schritt in die richtige Richtung.”

– Hana B. (Vice President Finance Operations bei jobvalley)

Elternzeit – für Männer wie für Frauen ein Karrierekiller?

Ein anderes großes Thema mit Bezug auf Chancengleichheit und etwaiger Diskriminierung im Beruf ist die Elternzeit. Seit 2015 können beide Elternteile gleichzeitig flexibel bis zu drei Jahre Elternzeit in Anspruch nehmen. Eine Zustimmung des Arbeitgebers ist dabei nicht erforderlich. Laut Statistischem Bundesamt stieg die Elternzeitquote von 2009 bis 2021 um rund ein Drittel an. Allerdings: Auch wenn sich ein deutlicher Anstieg in den vergangenen Jahren zeigt, bleibt der Anteil der Väter in Elternzeit verschwindend gering. Im Jahr 2021 waren fast ein Viertel aller Mütter, deren jüngstes Kind unter 6 Jahren ist, in Elternzeit. Unter den Vätern traf dies nur auf 1,6 % zu. Bei Kindern unter 3 Jahren waren 45,1 % der Mütter und 2,6 % der Männer in Elternzeit.

Aber erachten Frauen die Möglichkeit Elternzeit in Anspruch zu nehmen wirklich als Risiko hinsichtlich ihrer Karrierechancen? Und warum gehen im Vergleich zum Vater doch deutlich mehr Mütter in die Babypause? Setzt sich hier doch das konventionelle Frauenbild durch?

„Ich hatte zu keinem Moment Sorge nicht wieder Fuß zu fassen, vielmehr wurde mir bereits vor und während der Elternzeit eine neue Möglichkeit der Weiterentwicklung angeboten.”

– Hana B. (Vice President Finance Operations bei jobvalley)

Zwar sind es prozentual im Vergleich noch wenige Väter, die ihre Chance auf die Eltern-Kind-Bindung frühzeitig beanspruchen und jobtechnisch eine Pause einlegen. Hier scheint sich aber gerade etwas zu verändern. 2022 sollen demnach bereits ca. 472 000 Väter Elterngeld bezogen haben und jeder vierte Elterngeldbeziehende war männlich (25 Prozent). Im Vergleich, 2015 waren es erst 21 Prozent. Dafür nehmen Väter deutlich kürzer Elternzeit als Mütter.

Nach der wunderbaren Nachricht, dass wir Nachwuchs erwarteten, stand für meine Frau und mich nach nur wenigen Minuten fest, dass wir uns die Elternzeit gleichberechtigt aufteilen und ich als Vater zwei längere Elternzeitabschnitte genießen werde. Keine*r von uns musste das Ausbleiben von eventuellen Karrierechancen befürchten und glücklicherweise wurde uns auf der Arbeitgeberseite vollstes Verständnis und Unterstützung entgegengebracht. Aus dem engsten Bekanntenkreis kenne ich auch ein gegensätzliches Arbeitgeberverhalten. Bei jobvalley hatte ich das besondere Glück, dass mein Vorgesetzter in der gleichen Situation war wie ich und er somit meine Entscheidung sehr gut nachvollziehen konnte. Jedem werdenden Elternteil, das Elternzeit in Anspruch nehmen möchte, kann ich trotzdem empfehlen, während der wundervollen Zeit den Kontakt zu Kolleg*innen nicht zu verlieren, ein Perspektivgespräch zu Beginn der Elternzeit und ein Wiedereinstiegsgespräch kurz vor dem Ende zu vereinbaren. Denn das Leben als Familie ist anders als es noch vor der Elternzeit war. Nun ist viel Koordination gefragt, was eventuell neue Arbeitszeitmodell bedingt und über diese Veränderung sollten sich beide Seiten immer wieder bewusst sein.

– Sascha Jan B. (Product Owner bei jobvalley)

Die Elternzeit war für mich einer der wertvollsten Abschnitte in meinem Leben, denn ich habe dadurch eine ganz besondere Bindung zu meinem Sohn aufbauen können. Die private Zufriedenheit hat direkte Auswirkung auf die Performance im Arbeitsleben. Elternzeit muss gut organisiert sein, ist für mich aber essentiell für zufriedene Mitarbeiter*innen und zukunftsorientierte Unternehmen.

– Alexander a N. (Revenue Officer bei jobvalley)

Und was sagen unsere Student*innen, die Arbeitnehmer*innen von morgen? 

Studenten und Studentinnen befürworten mit großer Mehrheit eine verbindliche Frauenquote für Aufsichtsräte / Vorstände (M 60,4 % / W 77,9 %), Politische Ämter / Mandate (M 61,6 % / W 76,4 %), Professuren (M 58,2 % / W 72,4 %).  

Frauenquote

„Dadurch, dass man als Frau in der heutigen Zeit immer besser in Jobs kommt, stellt sich natürlich die Frage, ob eine Frauenquote notwendig ist. Ich finde das Prinzip wirklich gut, jedoch würde ich persönlich nicht wollen, dass ich mich fragen muss, ob ich in den Job nur wegen einer Quote gekommen bin, oder wegen meiner Qualifikationen. Ich finde es schade, dass es aktuell noch notwendig ist, durch eine Vorschrift klar zu machen, dass in dem gleichen Job eine Frau genauso qualifiziert sein kann, wie ein Mann.”

– Pia G. (BWL Studentin)

57 % der Studenten und knapp 80 % der Studentinnen glauben, dass die Inanspruchnahme von Elternzeit einen negativen Einfluss auf ihre Karriere hat. Über die Hälfte der Frauen befürchtet Nachteile, unabhängig davon, wie lange sie in Elternzeit gehen – bei den Männern sind es lediglich 23,5 %.

Elternzeit

„Man macht sich, auch wenn man noch nicht in der Situation ist, natürlich jetzt schon manchmal Gedanken, wie es später mit dem Kinderwunsch aussieht. Gerade in dem Bereich Wirtschaft, ist es nicht selten, dass eine erfolgreiche Karriere erwünscht ist, die man durch den Gedanken jedoch früh erreichen möchte, da die Elternzeit einen offensichtlich für einige Zeit auf andere Ziele fokussieren lässt. Ich denke, dass es in jedem Betrieb jedoch, egal ob für Sie oder Ihn, möglich sein sollte, sich eine Auszeit für das Kind zu nehmen, ohne mit negativen Konsequenzen rechnen zu müssen. Durch die digitalen Möglichkeiten ist Homeoffice auch nichts Neues, weshalb man dadurch auch die Elternzeit prinzipiell verkürzen und von dort aus arbeiten kann und somit auch Möglichkeiten hat, Ängste und Herausforderungen durch Kompromisse zu händeln.”

– Pia G. (BWL Studentin)

Fazit

Insgesamt ist hier die Einstellung einer neuen, offenen Generation zu sehen. Diejenigen, die keine negativen Auswirkungen befürchten, da schlichtweg die Erfahrungswerte fehlen und jene, die die Elternzeit als Selbstverständlichkeit ins Unternehmen tragen, ohne berufliche Nachteile zu fürchten. Oder es wird davon ausgegangen, dass sie (die männlichen Studierenden) lediglich eine so kurze Zeit (oder gar nicht) in Elternzeit gehen werden, dass es beruflich kaum Auswirkungen hat. So oder so, und das scheint der Status quo zu untermauern findet zurzeit ein gesellschaftliches Umdenken statt, welches mit den konventionellen Rollenbildern brechen möchte, sei es durch erzwungene Auflagen, wie die der Frauenquote oder die Chance, die sich durch die Ausweitung der Elternzeit den Männern zur Vater-Kind-Bindung bietet.

Dieser Artikel erschien am 20. August 2021 und wurde aktualisiert.

Julia Menke
Über den/die Autor*in

Julia Menke

Meine Leidenschaft sind Bücher, deshalb studierte ich Literatur, Kultur und Medien mit dem Begleitfach Sprache und Kommunikation an der Uni Siegen. Nach meinem Volontariat im PR- und Marketingbereich und einigen Jahren in einer Agentur in Köln, bin ich ins Marketingteam zu jobvalley gekommen. Hier bin ich als Teamlead Content & PR tätig. Nebst dem Strategischen liebe ich es jedoch nach wie vor zu schreiben!

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